Gilad Erdan, Israels UN-Botschafter, trägt einen gelben Davidstern mit der Aufschrift "Nie wieder" und spricht im Hauptquartier der Vereinten Nationen zu den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats
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Israels UN-Botschafter Gilad Erdan trug bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats einen gelben Davidstern mit der Aufschrift "Nie wieder"

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Israels UN-Botschafter trägt im Sicherheitsrat gelben Stern

Denkwürdiger Auftritt im Sicherheitsrat: Der israelische UN-Botschafter trug einen gelben Stern ähnlich dem "Judenstern" aus der Nazi-Zeit am Sakko. Und er zog Parallelen zwischen den Hamas-Massakern und dem Holocaust. Das kam nicht bei allen gut an.

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Der Auftritt von Israels UN-Botschafter bei der Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates in New York am Montag hatte es in sich - in der Symbolik und im Inhalt: "Von diesem Tag an werde ich Sie jedes Mal, dass Sie mich ansehen, daran erinnern, was es heißt, angesichts des Bösen zu schweigen", sagte Gilad Erdan. Dann erhob er sich von seinem Stuhl und heftete sich einen gelben Stern an sein Sakko. Seine Mitarbeiter hinter ihm taten es ihm gleich und steckten sich ebenfalls gelbe Davidsterne mit der Aufschrift "Never Again" - also "Nie Wieder" - an die Brust. 

Diese erinnern an jene gelben Sterne, die während der Nazi-Diktatur jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern als Zeichen ihrer völligen Entrechtung aufgezwungen wurden. Ein Symbol für den Holocaust, in dem sechs Millionen Juden ermordet wurden.

Er werde den Stern tragen, so wie seine Großeltern und die Großeltern von Millionen Juden, sagte Erdan an den Sicherheitsrat gewandt. "Wir werden den Stern tragen, bis Sie die Gräueltaten der Hamas verurteilen und Sie die sofortige Freilassung unserer Geiseln fordern."

UN-Sicherheitsrat hat Taten der Hamas bisher nicht verurteilt

Tatsächlich hat das mächtigste UN-Gremium die Bluttaten der Hamas an israelischen Zivilisten vom 7. Oktober bisher nicht verurteilt. Der Wille dafür wäre allerdings da - das zeigten vergangene Abstimmungen zu Resolutionsentwürfen. Ein gemeinsamer Beschluss wird im Moment wegen anderer umstrittener Themen blockiert, wie etwa die Aufforderung an beide Konfliktparteien, sich an internationales Recht zu halten.

Am 7. Oktober hatten Terroristen der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas Israel überraschend angegriffen und Massaker unter Zivilisten angerichtet. Mehr als 1.400 Menschen wurden dabei und bei Kämpfen in den folgenden Tagen getötet. Mehr als 230 weitere Israelis wurden in den Gazastreifen verschleppt.

Netanjahu zieht ebenfalls Parallelen zur Nazi-Zeit

Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Hamas als "neue Nazis" bezeichnet und das Ziel ausgegeben, die islamistische Organisation zu zerschlagen. Angesichts weltweiter Kritik an der hohen Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen verglich er den Krieg gegen die islamistische Hamas mit dem Kampf der Alliierten gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg. Man habe den Alliierten trotz ziviler Opfer nicht gesagt, "rottet den Nationalsozialismus nicht aus", sagte Netanjahu am Montag.

Als Beispiel nannte Netanjahu einen Angriff britischer Piloten auf das Gestapo-Hauptquartier in Kopenhagen. Damals hätten die Piloten "gepatzt", das Ziel verfehlt und letztlich Dutzende Kinder getötet. "Das ist nichts, wofür man Großbritannien die Schuld geben kann", sagte der israelische Premier. "Das war eine legitime Kriegshandlung mit tragischen Folgen, die solche legitimen Handlungen begleiten."

UN sehen humanitäre Katastrophe im Gazastreifen

Nach mehr als dreiwöchigen Luftangriffen auf Hamasziele laufen seit vergangenem Freitag auch Einsätze israelischer Bodentruppen, die Stück für Stück ausgeweitet werden. Im Gazastreifen starben seit dem 7. Oktober nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mehr als 8.500 Menschen, mindestens 21.500 wurden verletzt. Unabhängig überprüfen lassen sich die Zahlen derzeit nicht.

Die UN sprechen von einer humanitären Katastrophe. Der palästinensische Vertreter bei den Vereinten Nationen, Riad Mansur, sagte in der Dringlichkeitssitzung: "Gaza ist jetzt die Hölle auf Erden."

Kritiker weisen auf veränderte Vorzeichen hin

Erdans Vergleich des aktuellen Gaza-Krieges mit dem Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg stieß bei manchen Israelis auf Kritik. Der Leiter der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Dani Dayan, schrieb auf der Plattform X: Das Tragen des gelben Sterns durch die UN-Delegation "entehre sowohl die Opfer des Holocaust als auch den Staat Israel." Der Stern symbolisiere die damalige "Hilflosigkeit" des jüdischen Volkes - inzwischen gebe es aber einen unabhängigen Staat und eine starke Armee, erklärte Dayan. "Heute werden wir uns eine blau-weiße Flagge ans Revers heften - keinen gelben Stern."

Auch der israelische Publizist Schmuel Rosner kritisierte auf X: "Nicht nur, dass die Hamas den Nazis nicht ähnlich ist, auch die Juden Israels ähneln nicht den Juden Deutschlands, Polens, Litauens, Rumäniens, der Niederlande und Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs."

Die Holocaustüberlebende Margot Friedländer hatte schon vor Erdans Auftritt in New York betont, sie wolle für den Terrorismus der Hamas nicht die gleichen Worte verwenden wie für die Taten der Nationalsozialisten. "Wir brauchen andere Begriffe. Es ist nicht dasselbe", sagte sie im Gespräch mit "Zeit Online".

Auschwitz-Komitee befürchtet neuen Holocaust

Unterstützung bekam Erdan vom CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. "Angesichts der Schande, dass die Vereinten Nationen als Hüter der Internationalen Ordnung und der Menschenrechte nicht in der Lage waren, den Hamas-Terror gegen Israel klar zu verurteilen, ist die Reaktion des israelischen Botschafters nur zu verständlich", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Unter der Terrorherrschaft der Hamas litten vor allem die Palästinenser in Gaza, betonte Hardt weiter. "Die islamische Welt sollte Israel bei der Befreiung des Gazastreifens beistehen, wenn es ihr mit einer anschließenden politischen Lösung ernst ist."

Und auch das Internationale Auschwitz Komitee äußerte sich ähnlich wie Erdan: Die Attacken der Hamas und die Verschleppung der Geiseln seien "kein Krieg, dies ist ein Pogrom, ein neues Auschwitz", sagte der Präsident des Komitees, Marian Turski, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Hamas versuche nicht nur Israel, sondern die gesamte Zivilisation zu zerstören. Auschwitz sei "nicht vom Himmel gefallen", der Holocaust könne sich jederzeit auch in anderen Ländern wiederholen.

Mit Informationen von dpa, afp und epd.

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