Die Synodalversammlung in Frankfurt beschloss, den Synodalen Ausschuss einzurichten.
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Der Synodale Ausschuss wird sich am Wochenende treffen und beraten, wie es mit dem Reformvorhaben in der katholischen Kirche weiter geht.

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Katholische Kirche: Wird's eine Reform oder ein Reförmchen?

Taufe, Trauung und Krankensalbung könnten vielleicht bald von Nicht-Priestern durchgeführt werden und mit dem Synodalen Rat würden Bischöfe nicht mehr alleine entscheiden. Vielleicht. Gelingt der katholischen Kirche in Deutschland die große Reform?

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Könnten katholische Trauungen, Taufen und die Krankensalbung bald von Nicht-Priestern und Nicht-Diakonen, von Frauen und Männern, durchgeführt werden? Entscheiden die deutschen Bischöfe demnächst nicht mehr alleine in ihren Diözesen, sondern müssen sich an demokratische Beschlüsse halten? Und soll es eine eigene Liturgie für die Segnung homosexueller Paare in der katholischen Kirche geben?

Das alles sind Fragen mit denen sich der Synodale Ausschuss in den kommenden zwei Jahren beschäftigten wird. Dieser Ausschuss ist im Reform- und Dialogprozess der Katholischen Kirche in Deutschland, dem "Synodalen Weg", beschlossen worden. Und ihn gibt es jetzt wirklich. Beinah wäre ein solches Gremium am Widerstand aus Rom gescheitert. Auch einige Bischöfe in Deutschland sind aus dem Reformprojekt ausgestiegen. Doch jetzt trifft sich der Synodale Ausschuss zum ersten Mal. In dem Ausschuss sitzen die 27 deutschen Bischöfe, 27 Mitglieder stellt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und 20 kommen vom Synodalen Weg.

Reformprozess war Reaktion auf Missbrauchsskandal

Gegründet hatte sich der Synodale Weg, der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, nachdem 2018 die MHG-Studie der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht worden war. In der Studie wurde sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche aufgearbeitet. Daraufhin stieß der damalige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx an, gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, über nötige Reformen in der katholischen Kirche zu beraten: der Synodale Weg.

Im Synodalen Weg bildeten sich mehrere Foren, die sich mit den Themen Macht und Gewaltenteilung, Zölibat, der kirchlichen Sexualmoral, anderen Lebensformen und der Rolle der Frau befassten. Auf der letzten Synodalversammlung 2023 dann wurde etwa beschlossen, die Gläubigen in den Bistümern mehr zu beteiligen, Frauen sollten predigen dürfen und gleichgeschlechtliche Paare den kirchlichen Segen erhalten.

Und man einigte sich darauf, einen Synodalen Ausschuss einzurichten, der den Synodalen Rat vorbereiten soll. Der Synodale Rat könnte demnach ein auf Dauer angelegtes, neues Gremium der katholischen Kirche in Deutschland werden, bestehend aus Laien und Klerikern, die über kirchliche Fragen beraten und möglicherweise auch verbindliche Entscheidungen treffen. Das wäre in der katholischen Kirche, in der die Bischöfe alleine entscheiden und Laiengremien vor allem beratende Funktion haben, eine weitreichende Reform.

Der Synodale Ausschuss, der den Rat vorbereiten soll, hat sich bereits im November 2023 in Essen konstituiert und wird sich nun am kommenden Wochenende erstmals treffen. Außerdem soll im Ausschuss inhaltlich weitergearbeitet werden und bereits Beschlossenes in der Realität umgesetzt werden.

Synodaler Rat: Neues Leitungsgremium?

Den Theologen Jan-Heiner Tück, Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität in Wien, verwundert es nicht, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen dem Synodalen Weg und dem Vatikan gekommen war. Denn der Synodale Weg habe außer Acht gelassen, dass man sich als Reaktion auf den Missbrauchsskandal gegründet habe und nicht als struktureller Reformprozess. "Die deutsche Reformbewegung hat dann darauf gedrängt, über Macht und Gewaltenteilung, über mehr Partizipation, über Änderungen der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt, über Liberalisierung der Sexualmoral nachzudenken. Da sagt Rom, das sind Themen, die die Weltkirche betreffen, und lässt sich das ungerne nehmen."

Tück legt Wert darauf, dass Synodalität, also die Einbeziehung aller Gläubigen, richtig sei und auch vom Papst gewollt werde, aber Franziskus "immer deutlich gemacht hat: Beraten durch alle, entscheiden durch wenige, beziehungsweise durch ihn, den Papst".

Für den Theologen kommt es bei einem künftigen "Synodalen Rat" für die katholische Kirche in Deutschland vor allem darauf an, wie er ausgestaltet wird. "Die Maximalversion wäre, dass der Synodale Rat das neue Leitungsgremium der katholischen Kirche in Deutschland wird. Das würde aus meiner Sicht der bischöflichen Verfassung zuwiderlaufen. Die katholische Kirche ist eben vom Grundbauplan nicht wie eine demokratische Gesellschaft organisiert, sondern man bekommt durch sakramentale Ordination das Amt übertragen."

Wenn der Synodale Rat dagegen ein Gremium werden würde, das wichtige Themen diskutiert, berät und dem Bischof eine Entscheidung vorschlägt und der Bischof im Falle einer Ablehnung begründen muss, weshalb er eine andere Entscheidung trifft – dann wäre das ein Kompromiss, mit dem Theologe Tück einverstanden wäre. Einen Synodaler Rat, der im Zweifel einen Bischof überstimmen kann, lehnt er ab.

Taufe und Trauung könnten Nicht-Priester durchführen

Am kommenden Wochenende findet nun das erste Treffen des Synodalen Ausschusses statt. Schwester Philippa Rath von den Benediktinerinnen Sankt Hildegard ist Mitglied. Sie sagt: "Ich schaue eigentlich sehr zuversichtlich in die Zukunft. Wir müssen ans Arbeiten kommen." Es gäbe noch viele inhaltliche Fragen zu klären, beispielsweise die Frage, ob Laiinnen und Laien in Zukunft möglicherweise das Sakrament der Taufe spenden dürfen: "Das gibt es bereits in einigen Diözesen, aber noch lange nicht in allen. Dann könnte das auch für das Sakrament der Eheschließung gelten. Da ist ja der Priester eigentlich nur Zeuge, weil die Ehe, das Sakrament, spenden sich die Eheleute selbst. Das könnte nach der Vorstellung vieler natürlich auch von Laien bezeugt werden, von Frauen und Männern." Nicht nur beim Sakrament der Taufe und der Trauung, auch bei der Krankensalbung kann sich die Ordensschwester vorstellen, dass sie in Zukunft auch von Nicht-Priestern gespendet werden darf.

Auch bei der Rolle der Frau gibt es für Schwester Philippa noch Diskussionsbedarf. Damit Laien, Frauen und Männer, in der Kirche predigen dürfen, bräuchte es eine Sondergenehmigung aus dem Vatikan. "Da müssen wir weiter nachhaken, überhaupt, was die Rolle der Frauen angeht. Das Frauendiakonat ist immer noch ein wichtiges Anliegen, von sehr vielen Frauen in Deutschland und auch von vielen Bischöfen. Ich denke, da müssen wir am Ball bleiben."

Deutsche Synodalen suchen nach Verbündeten für Weltsynode

Sowohl Schwester Philippa als auch Jan-Heiner Tück betonen, dass es in Zukunft eine stärkere internationale Vernetzung des Synodalen Wegs braucht. Nur dann bestünde bei der anstehenden Weltsynode in Rom im Herbst die Möglichkeit, gemeinsame Entscheidungen zu treffen. "Ich erlebe, dass es wenig Hoffnung auf ganz, ganz, schnelle, große Änderungen gibt und zugleich ein gewachsenes Vertrauen in kleinschrittiger Zusammenarbeit", sagt Konstantin Bischoff, Pastoralreferent im Erzbistum München und Freising, der für seine Berufsgruppe am Synodalen Ausschuss teilnimmt. Er ist überzeugt: "Ohne Veränderung geht es nicht." Sollten Reformen dieses Mal scheitern, bedeutet das für ihn auch nicht das Ende der Debatte über diese Themen.

Obwohl Entscheidungen für oder gegen einen Synodalen Rat die katholische Kirche in Deutschland grundlegend verändern könnten, will Schwester Philippa nicht von einem historischen Prozess sprechen. Für sie ist wichtig: "Was ich persönlich bedauere, ist, dass die vier Bischöfe, die sich ja im Grunde gegen einen Synodalen Rat ausgesprochen haben, nicht kommen. Die haben sich ausgeklinkt. Ich finde, wir müssen auch in der Lage sein, gegensätzliche Positionen auszuhalten – das gehört dazu. Und mein Traum von Kirche ist Einheit in Vielfalt, aber die Einheit muss keine Einheitlichkeit sein."

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