Verbraucher wünschen sich, dass es Nutztieren vor der Schlachtung gut geht, besser als heute. Aber wenn sie im Supermarkt die Wahl haben, geben die meisten nicht mehr Geld für Fleisch aus besseren Haltungsbedingungen aus. Vielfach wurde das in Untersuchungen erhoben. Das galt Generationen von Bundeslandwirtschaftsministerinnen und -ministern als Leitfaden. Der Merksatz lautete: Erhöhe nicht die Fleischpreise. Wie aber den Umbau der Ställe, die Verbesserung der Haltung – die Experten und Politik für nötig halten – auf lange Sicht finanzieren?
- Zum Artikel: "Tierwohlabgabe: Viel Zustimmung, aber auch viel Skepsis"
Das Ministerium des grünen Landwirtschaftsministers Cem Özdemir (B90/Grüne) hat nun einen möglichen Weg ausgearbeitet, wie Geld zusammenkommen könnte. Das Konzept hatten die Bundestagsfraktionen der Ampel beim Ministerium bestellt. Es liegt BR24 vor.
"Tierwohlcent" – wie teuer wird das Schnitzel?
Das Ministerium wurde beauftragt, Machbarkeit und Implikationen eines "Tierwohlcents" zu klären. Wie hoch diese Verbrauchersteuer sein könnte, das müsse "politisch" festgelegt werden, heißt es im Konzept. Der Bundeslandwirtschaftsminister hatte Mitte Januar "von wenigen Cent pro Kilo Fleisch" gesprochen.
Sollte sich das bewahrheiten und aus dem "Tierwohlcent" kein "Tierwohleuro" werden, könnte die neue Steuer bei den Verbraucherpreisen sogar wenig ins Gewicht fallen. Zumal Fleischpreisschwankungen um einige Cent auf den internationalen Märkten üblich sind. Die Bundesregierung müsste womöglich nicht "den Shitstorm" fürchten, den Özdemir selbst angesprochen hatte, wenn der Preis für die Currywurst um ein paar Cent steigt.
Dauerhafte Unterstützung für die Landwirte
Geld, das hier eingesammelt wird, könnte auf der anderen Seite den Landwirten helfen. Laut Özdemir wäre das Geld eine "Investition in die Zukunft der Landwirtschaft und der ländlichen Räume in Deutschland". Besteuert werden sollen Fleisch, Fleischerzeugnisse wie Wurst und "genießbare Schlachtnebenerzeugnisse" (etwa Produkte aus Niere, Herz, Zunge, Schlund).
Auf vier Seiten erklärt das Landwirtschaftsministerium, wie diese Besteuerung aussehen könnte. Man könnte sich dabei an der Kaffeesteuer orientieren. Allerdings: Es handelt sich nur um Eckpunkte aus dem Landwirtschaftsministerium, das dazu beauftragt wurde. Und noch nicht mal das Ministerium scheint im Tierwohlcent die beste Lösung zu sehen. Es weist darauf hin, dass "der mit Abstand bürokratieärmste Weg" eine Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch und Fleischprodukte wäre.
Lindner "will keine neuen Steuern"
Eine Mehrwertsteuererhöhung wird es aber wohl nicht mit dem Koalitionspartner FDP geben. Und auch eine neue Verbrauchersteuer scheint für die Liberalen eher nicht im Bereich des Denkbaren. Die FDP war mit dem Versprechen an ihre Wähler in die Ampel-Koalition eingetreten, keine Steuererhöhungen mitzutragen. So erklärte eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch auf Nachfrage: "Sie kennen die Haltung des Ministers. Er will keine neuen Steuern." Wenngleich "regierungsinterne Abstimmungen" zu diesem Thema liefen.
Der Ball liegt wieder bei den Fraktionen
Bevor die Ministerien auf offener Bühne über Konzepte zur Finanzierung der Stallumbauten ringen müssen, geht das Tierwohlcent-Konzept nun erst einmal wieder zurück an die Ampelfraktionen im Bundestag. Die diskutieren seit Mitte Januar über ein größeres Unterstützungspaket für die Landwirtschaft. Es könnte dann auch einen Tierwohlcent enthalten. Voraussichtlich im Sommer sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein.
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