Polizisten halten einen Demonstranten während einer Demonstration gegen die Verkündung der Teilmobilmachung fest.
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Zahlreiche Festnahmen bei erneuten Protesten in Russland

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"Leute wütend": Beschwerden über Putins Teilmobilmachung

"Leute wütend": Beschwerden über Putins Teilmobilmachung

Die Teilmobilmachung sorgt selbst bei Putin-Anhängern für Kritik: Das Vorgehen sei chaotisch, unter anderem würden Männer ohne Kampferfahrung einberufen. Derweil laufen in der Ostukraine Scheinreferenden und der Kremlchef unterschreibt neue Gesetze.

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So ganz wie geplant scheint die von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung nicht zu wirken: Jedenfalls mehrt sich von offiziellen Stellen die Kritik am Vorgehen des Militärs. Der Chef des Menschenrechtsrats beim russischen Präsidenten, Waleri Fadejew, forderte Verteidigungsminister Sergej Schoigu - der mittlerweile einen neuen Vize hat - auf, das "Knüppelsystem" vieler Einberufungsstellen im Land zu beenden. Es bekämen sogar Männer Einberufungsbefehle, die keine Kampferfahrung hätten.

300.000 Reservisten sollen nach öffentlichen Aussagen angesichts der Niederlagen der russischen Armee in der Ukraine mobilisiert werden, um besetzte Gebiete dort zu halten. Mit der Maßnahme wollte Putin auch das Personalproblem an der Front lösen - doch der Schritt stellt eine große organisatorische Herausforderung dar.

Zunehmende offizielle Kritik an Teilmobilmachung

In der Region Jakutien in Sibirien räume der Republikchef Aissen Nikolajew ein, dass Fehler gemacht worden seien in den Wehrkreisämtern. Es seien Männer eingezogen worden, die nicht unter die Mobilmachung fielen. "Es wurden Reservisten fehlerhaft eingezogen, sie müssen zurückgeschickt werden. Die Arbeit hat bereits begonnen", sagte Nikolajew.

In den sozialen Netzwerken in Russland gibt es zahlreiche Fälle, in denen Väter kinderreicher Familien, Männer ohne Kampferfahrung oder auch ältere und chronisch kranke Reserveoffiziere berichten, dass sie eingezogen worden seien. Nikolajew sagte, dass die Entscheidungen der Militärkommissariate besser überprüft werden müssen.

"Sie machen die Leute wütend"

Die Chefredakteurin des Staatssenders RT, Margarita Simonyan, wetterte auf ihrem Telegram-Kanal gegen das chaotische Vorgehen der Behörden. "Es wurde bekanntgegeben, dass Gefreite bis zum Alter von 35 Jahren rekrutiert werden können. Die Vorladungen gehen an 40-Jährige", erklärte Simonyan. "Sie machen die Leute wütend, als ob sie das absichtlich tun, als ob sie es aus Bosheit tun. Als ob sie von Kiew geschickt worden wären."

Teilmobilmachung in Russland läuft

Russland zählt offiziell Millionen ehemaliger Wehrpflichtiger als Reservisten - potenziell fast die gesamte männliche Bevölkerung im kampffähigen Alter. Der Erlass vom Mittwoch, mit dem die sogenannte Teilmobilmachung angekündigt wurde, enthielt keine Kriterien dafür, wer einberufen wird. Offiziellen Angaben zufolge werden 300.000 Soldaten benötigt, wobei Personen mit aktueller militärischer Erfahrung und wichtigen Fähigkeiten Vorrang hätten.

Das russische Präsidialamt hat Berichte zweier im Ausland ansässiger Medien dementiert, wonach eine verheimlichte Klausel im russischen Mobilisierungsdekret die Einberufung von mehr als einer Million Reservisten vorsieht.

Tausende flüchten derweil weiter aus dem Land, um einer Einberufung zu entgehen. Auch Protestaktionen gehen weiter: Dabei agiert die russische Polizei teils brutal gegenüber den Teilnehmern. In St. Petersburg wurden in sozialen Netzwerken Videos veröffentlicht, die zeigten, wie Männer in Kampfuniform und mit Helm auf Demonstranten einknüppelten.

Aktivisten: Hunderte Festnahmen bei Protesten

Nach Angaben von Aktivisten habe es am Samstag landesweit mindestens 710 Festnahmen in 32 Städten gegeben - davon fast die Hälfte in Moskau, erklärte die Organisation OVD-Info, die Festnahmen in Russland dokumentiert.

In Städten, in denen die Oppositionsgruppe Wesna und Anhänger des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny zu Demonstrationen aufgerufen hatten, wurden starke Polizeikräfte in Stellung gebracht. Sie nahmen Demonstranten, meist junge Leute, bereits fest, bevor die Kundgebung überhaupt begonnen hatte. In Moskau überprüften Polizisten in der Innenstadt die Personalien von Passanten. Wer als verdächtig eingestuft wurde, wurde festgenommen. Eine junge Frau stieg auf eine Bank und rief "Wir sind kein Kanonenfutter", bevor sie abgeführt wurde.

Putin unterschreibt Gesetzesnovelle

Putin unterschrieb am Samstag unterdessen eine Gesetzesnovelle, die zu Zeiten einer Mobilmachung bis zu zehn Jahre Haft für Soldaten vorsieht, die desertieren oder vor dem Feind kapitulieren. Nach Kremlangaben unterzeichnete er außerdem ein weiteres Gesetz, das Ausländern die russische Staatsbürgerschaft zubilligt, wenn sie mindestens ein Jahr in der russischen Armee gedient haben.

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Scheinreferenden gehen weiter

Internationalen Protest gibt es wegen der Scheinreferenden in von Russland besetzten ukrainischen Gebieten. Am Samstag, dem zweiten Tag der "Referenden" über einen Beitritt zu Russland, zeigten russische Staatsmedien erneut Bilder von Bürgern an Wahlurnen. Die völkerrechtswidrigen "Abstimmungen" in den ostukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk sowie in Saporischschja und Cherson im Süden sind auf fünf Tage bis einschließlich kommenden Dienstag angesetzt.

In sozialen Netzwerken kursierte unter anderem ein Video, das bewaffnete Männer in einem Hausflur zeigt und dokumentieren soll, wie die russischen Besatzer Anwohner zum Urnengang zwingen.

UN-Sicherheitsrat soll Dienstag zu Referenden tagen

Beim UN-Sicherheitsrat werden die Scheinreferenden womöglich am Dienstag Thema sein. Das Treffen des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen wurde Diplomatenangaben zufolge von den USA und Albanien beantragt, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Für die UN soll die Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, sprechen. Die Ukraine hatte zuvor in einem Brief an den Rat eine entsprechende Sitzung gefordert. UN-Generalsekretär António Guterres hatte eine mögliche Annexion der betroffenen Gebiete zuletzt als Verletzung des Völkerrechts bezeichnet.

Mit Material von Reuters, dpa und AFP.

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