Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schlägt einen neuen Rechtsstatus für Geflüchtete aus der Ukraine vor, um die Kosten für das Bürgergeld zu senken und mehr Leistungsempfänger in den Arbeitsmarkt zu bringen. "Wir sollten für die aus der Ukraine Geflüchteten einen eigenen Rechtsstatus erwägen", sagte Lindner dem Magazin "WirtschaftsWoche" laut Vorabbericht.
Ihm schwebe eine Kombination "aus den Leistungen für Asylbewerber in Verbindung mit den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten des Bürgergeldes" vor. "Ukrainer müssen wegen des Kriegs in ihrer Heimat nicht eigens ein Asylbewerberverfahren durchlaufen", erläuterte Lindner. "Sie sollten aber auf der anderen Seite nicht gleich ein Bürgergeld erhalten, das auf ein sozioökonomisches Existenzminimum mit gesellschaftlicher Teilhabe auch ohne Arbeit ausgerichtet ist."
Nicht länger "Arbeitslosigkeit finanzieren"
Neu ist die Forderung nicht. "Neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollten künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bereits im Juni der "Bild". Er betonte damals: "Wir sollten nicht länger mit dem Geld der Steuerzahler Arbeitslosigkeit finanzieren, sondern müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Arbeit kommen."
Auch die CSU hält es für falsch, dass Ukrainerinnen und Ukrainer sofort Anspruch auf Bürgergeld haben. Kritik gibt es besonders daran, dass ukrainische Männer in Deutschland Bürgergeld erhalten, obwohl sie eigentlich als Wehrpflichtige in der ukrainischen Armee gegen Russland kämpfen müssten. Das sei der deutschen Bevölkerung nicht mehr lange vermittelbar, sagte der bayerische Innenminister Herrmann im Juni. Man dürfe nicht "prämieren, wenn jemand sich der Wehrpflicht entzieht".
In der Bundesregierung gibt es allerdings "im Augenblick keine übergeordneten Planungen" zu Lindners Forderungen, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin sagte.
Linke: Lindner greift "jene an, die ohnehin wenig haben"
Auf scharfe Kritik stießen Lindners Äußerungen bei der Linken. Deren fluchtpolitische Sprecherin im Bundestag, Clara Bünger, betonte: "Anstatt für Steuergerechtigkeit zu sorgen und Geld bei den Reichen zu holen, greift Bundesfinanzminister Lindner jene an, die ohnehin wenig haben."
Dass viele ukrainische Geflüchtete momentan noch nicht erwerbstätig sind, habe handfeste Gründe. Vielerorts fehlten Kinderbetreuungsangebote, die Betroffenen stießen auf Hürden bei der Anerkennung ihrer Abschlüsse oder müssten auf einen Platz im Sprachkurs warten, kritisierte Bünger. Die Bundesregierung bemühe sich nicht, diese Barrieren abzubauen. "Wenn der Bundesfinanzminister wider besseres Wissen suggeriert, Ukraine-Geflüchtete seien faul und würden sich auf den vermeintlich zu hohen Bürgergeldsätzen ausruhen, ist das rechter Populismus, nichts anderes."
Bürgergeld: Lindner will Unterkunftskosten pauschalieren
Darüber hinaus will Bundesfinanzminister Lindner das Bürgergeld grundsätzlich neu ausrichten. "Beim Bürgergeld bin ich dafür, dass wir die Kosten der Unterkunft pauschalieren. Einschließlich der Nebenkosten", sagte Lindner. "Dann können die Leistungsempfänger entscheiden, ob sie eine kleinere Wohnung beziehen und wie sie heizen. Ich glaube, dass wir hier Milliarden Euro einsparen können."
Mit Informationen von Reuters und dpa
Video: Ausländische Ärzte und Apotheker – Bürgergeld statt Bewilligung
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