Christian Lindner im Bundestag
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Lindner pocht auf Schuldenbremse 2024 - Union will Einsparungen

Lindner pocht auf Schuldenbremse 2024 - Union will Einsparungen

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat im Bundestag eine Aussetzung der Schuldenbremse für 2024 erneut abgelehnt. Stattdessen will er Ausgaben umschichten und auch überdenken. Kritik kam aus der Union - und auch von den Koalitionspartnern.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In der Debatte des Bundestages zum Nachtragshaushalt 2023 hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) betont, dass er im kommenden Jahr wieder die Schuldenbremse einhalten wolle. "Noch mehr Schulden bei stark gestiegenen Zinsen ist jedenfalls nicht der richtige Weg", sagte der FDP-Chef im Parlament. Dort wurde erstmals der Nachtragshaushalt 2023 debattiert, für den in diesem Jahr nachträglich die Schuldenbremse zum vierten Mal in Folge ausgesetzt werden muss.

Der Finanzminister will "nicht mehr notwendige" Ausgaben überdenken

"Wir werden auf der Ausgabenseite umschichten", erklärte Lindner mit Blick auf 2024 und die Folgen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts: "Dafür, dass wir Zukunftsinvestitionen und bedeutende Vorhaben der Koalition realisieren, werden wir andere überkommene, heute nicht mehr notwendige Ausgaben repriorisieren", sagte der Bundesfinanzminister.

Die Ziele der Ampel-Regierung würden auch durch das Karlsruher Urteil dieselben bleiben, sagte Lindner. "Aber wir werden andere, neue Wege dorthin finden." Er warb dafür, eher den Wettbewerb zu stärken und Bürokratie abzubauen, als neue Schulden für Subventionen aufzunehmen: "Lieber geben wir Geld für die Zukunft aus als für Zinsen."

Das Karlsruher Urteil sorgte für ein Milliardenloch

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts machte den Nachtragshaushalt 2023, den Lindner nun ins Parlament einbrachte, nötig, weil Schulden aus Sondervermögen wie dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) nun in den regulären Haushalt geschrieben werden müssen. Aus dem KTF fehlen der Ampel-Koalition allein bereits 60 Milliarden Euro für Projekte der Energiewende. Für den Haushalt 2023 ist vor allem bedeutend, dass der ähnlich finanzierte Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) als Folge des Karlsruher Urteilsspruchs ebenfalls abgewickelt wird.

Lindner zufolge fehlen nun 17 Milliarden Euro im Haushalt. Hinzu kommen laut SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert 13 Milliarden Euro für Projekte, die eigentlich über den Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollten. Von SPD und Grünen kommen deshalb seit Tagen Forderungen, 2024 ebenfalls die Schuldenbremse auszusetzen.

Grüne und SPD wollen weitere Schulden aufnehmen

Das war auch in der Debatte des Bundestages nicht anders. "Warum haben wir uns in der Verfassung so ein enges Korsett gegeben?", fragte der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler. Die Schuldenbremse müsse für Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur erweitert und reformiert werden. Dabei gehe es unter anderem um Gelder für Schulen, Kitas und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Einsparpotenzial sah Kindler beim Abbau klimaschädlicher Subventionen, hier könne man Ausgaben kürzen.

Der SPD-Haushaltsexperte Dennis Rhode sagte, das Bundesverfassungsgericht habe lediglich die Art und Weise der Verbuchung von Schulden beanstandet. Das Urteil habe "einiges durcheinander geworfen, aber es hat uns nicht umgeworfen". Er betonte, dass viele Bundesländer davon ebenfalls betroffen seien, auch CDU-geführte. Ähnliche Stimmen wurden bei der Linken laut. Die Abgeordnete Gesine Lötzsch nannte die Schuldenbremse "unsinnig" und deren Verankerung im Grundgesetz einen "Akt der Selbstfesselung". Sie forderte die erneute Aussetzung für 2024, zudem langfristig die Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz.

Union: Schuldenbremse einhalten und sparen

Bei der Union stieß das Vorgehen der Ampel-Koalition hingegen auf heftige Kritik. Sie forderte die Regierung zu Einsparungen bei den Sozialleistungen auf. "Gehen Sie mal ran ans Bürgergeld", sagte Fraktionsvize Mathias Middelberg. Es gebe vier Millionen erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger. "Bringen Sie ein paar von denen in Beschäftigung, dann hätten wir deutliche Entlastungen im Haushalt", sagte Middelberg, die Regierungskoalition dürfe "mutige Reformen" nicht scheuen.

Middelberg betonte, CDU und CSU seien bereit, der Koalition konstruktiv bei einer Lösung zu helfen - das setze aber voraus, dass die Ampel im Haushalt umschichte und ernsthaft spare. CDU-Haushälter Christian Haase sagte, frühere Regierungen hätten viel mehr als die 17 nun fehlenden Milliarden eingespart. "Das trauen Sie sich nicht zu?", fragte er an die Koalitionäre gerichtet. Außerdem betonte er: "Die Schuldenbremse verhindert nicht die wichtigen Ausgaben, die Schuldenbremse verhindert die unwichtigen."

Von einem "verfassungswidrigen" Haushaltsentwurf für 2023 sprach der AfD-Haushaltspolitiker Peter Boehringer. Die dazu durch Lindner geplante rückwirkende Erklärung einer Notsituation zur Aussetzung der Schuldenbremse sei "ein dreister Trick", der Ampel-Koalition fehle es an Sparwillen.

Die Zeit sitzt der Koalition im Nacken

Ob der Haushalt 2024 noch vor Jahresende beschlossen werden kann, ist wegen der Meinungsverschiedenheiten in der Ampel-Koalition fraglich. Die Verhandlungen der Ampel-Spitzen sollen so schnell wie möglich abgeschlossen werden. "Wir sind uns einer Dringlichkeit schon bewusst", sagte Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. Einen genauen Zeitplan wollte sie aber nicht nennen. Die Sorgfalt müsse trotz Dringlichkeit gewahrt werden.

Insider aus der Koalition hoffen auf einen Durchbruch in der nächsten Woche. Justizminister Marco Buschmann (FDP) sagte der "Wirtschaftswoche" jedoch, er halte es "für realistischer, dass es etwas länger dauern wird". Er zeigte sich zudem "sehr skeptisch", dass auch 2024 nochmals eine Notlage zur Aussetzung der Schuldenbremse "rechtssicher" begründet werden könne.

Diese Position bekräftigte Parteichef Lindner in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Lindner bezeichnete die Schuldenbremse als Erfolgsgeschichte. Sie habe "den Trend einer chronisch ansteigenden Staatsverschuldung" beendet, "vor diesem Hintergrund sollten wir die Schuldenbremse weder abschaffen noch schleifen, sondern schlicht einhalten", so Lindner.

Mit Informationen von AFP und DPA

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