Die Bedenken wegen seines Alters und Zweifeln an seiner mentalen Fitness waren immens: Nun hat sich US-Präsident Joe Biden aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf zurückgezogen. Was bedeutet das für die Demokraten? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was passiert als Nächstes?
Biden hatte die internen Vorwahlen seiner Parteien bereits gewonnen und sich dort die nötigen Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag gesichert, der vom 19. bis 22. August in Chicago im Bundesstaat Illinois stattfindet. Eigentlich sollte der 81-Jährige dort offiziell als Präsidentschaftskandidat gekürt werden. Da Biden nun ausgestiegen ist, sind die Delegierten in Chicago nicht mehr an den Ausgang der Vorwahl in ihrem Bundesstaat gebunden, sondern frei in ihrer Entscheidung.
Das heißt, das Rennen ist offen für alle möglichen Hochkaräter aus der Partei, die sich in einen Blitz-Wahlkampf stürzen könnten. Die Demokraten dürften so kurz vor der Wahl allerdings wenig Interesse haben, einen offenen Konkurrenzkampf mehrerer Ersatzkandidaten zu starten und den Parteitag zum Austragungsort für ein Abstimmungsdrama zu machen, begleitet von heftigem Kandidaten-Lobbying. Wahrscheinlicher ist, dass sie versuchen würden, die Partei vorab hinter einer neuen Spitzenperson zu versammeln.
Wer soll stattdessen antreten?
Biden hat erklärt, er unterstützt eine Kandidatur seiner Stellvertreterin Kamala Harris. Die Parteitags-Delegierten sind an diesen Vorschlag allerdings keineswegs gebunden. Aber es ist ein Versuch, den Prozess schnell in eine Richtung zu steuern. Dabei galt die 59-Jährige in ihrem Amt lange als blass und hatte mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen. Angesichts von Bidens Hängepartie gewann sie zuletzt aber an Zuspruch, vor allem aus pragmatischen Gründen.
Wie funktioniert die Auswahl des oder der Nominierten?
Laut Ballotpedia, einer Online-Enzyklopädie für US-Politik, gibt es 2024 voraussichtlich insgesamt 4.672 Parteitags-Delegierte. Für die Nominierung benötigt ein Bewerber mehr Stimmen als alle anderen Konkurrenten zusammen. Sollte niemand diese Mehrheit erreichen, käme es zu einer "brokered convention", also ein Parteitag, auf dem die Delegierten so lange mit der Parteiführung verhandeln, bis eine erforderliche Mehrheit steht. Es könnte mehrere Wahlgänge dauern, bis jemand die Mehrheit erhält und zum Kandidaten ernannt wird.
Was spräche für Kamala Harris?
Harris ist die erste Frau und die erste Schwarze, die den Eid als US-Vizepräsidentin abgelegt hat. Ihr Vater wanderte einst aus Jamaika ein, um Wirtschaft zu studieren. Ihre Mutter, eine Krebsforscherin und Bürgerrechtlerin, kam aus Indien. Die Demokraten bräuchten gute Gründe, Harris einfach zu übergehen. Außerdem ist sie durch ihre Rolle national bekannt, sie hat alle Checks fürs Weiße Haus bereits durchlaufen und sie könnte wohl auf den Wahlkampfapparat und vermutlich auch auf gesammelte Spenden von Biden zugreifen, weil sie als Vize schon Teil von dessen Wiederwahlkampagne ist. Allerdings: Wenn Harris aufrückt, braucht sie bis zum Parteitag auch noch einen Vizekandidaten an ihrer Seite.
Welche Alternativen gibt es?
Neben Harris fielen zuletzt am häufigsten die Namen Gavin Newsom und Gretchen Whitmer. Newsom (56) ist Gouverneur des mächtigen Bundesstaates Kalifornien. Er hat sich national einen Namen gemacht und intensiv an seinem politischen Profil gearbeitet, zuletzt unter anderem mit viel beachteten Auslandstrips. Er sprach sich bereits für die Kandidatur von Kamala Harris aus. Niemand sei besser geeignet, gegen den republikanischen Kandidaten Donald Trump anzutreten als sie, schrieb er bei X.
Whitmer (52) ist Gouverneurin von Michigan und gilt seit Längerem als aufstrebende Kraft in der Partei. Vor der Wahl 2020 hatte Biden sie als seine Vize in Erwägung gezogen. US-Medien zufolge sollen beide intern klargemacht haben, dass sie für die zweite Reihe als mögliche Vizes für Harris nicht zur Verfügung stehen.
Mit Informationen von dpa und Reuters
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