In einem Wartehäuschen am Brokstedter Bahnhof liegen Kerzen und Blumen.
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In einem Wartehäuschen am Brokstedter Bahnhof liegen Kerzen und Blumen.

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Messerattacke von Brokstedt: So reagiert die Politik

Nach der tödlichen Messerattacke in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein mit zwei Toten und fünf Verletzten soll es in Hamburg und NRW ein parlamentarisches Nachspiel geben. Unterdessen gedenken rund 500 Menschen in einer Andacht der Opfer.

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Zwei Tage nach dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein steht fest: Die Tat und der Umgang der Behörden mit dem mutmaßlichen Täter sollen sowohl politisch als auch juristisch aufgearbeitet werden. Der Justizausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wird sich kommende Woche mit dem Fall befassen. In Nordrhein-Westfalen beschäftigt sich der Rechtsausschuss des Landtags damit.

Bei der Messerattacke in dem Regionalzug waren am Mittwoch eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger getötet worden. Fünf Menschen wurden verletzt. Der mutmaßliche Angreifer war von anderen Fahrgästen überwältigt worden. Er sitzt in Untersuchungshaft.

500 Menschen gedenken Opfern des Messerangriffs

Unterdessen haben am späten Freitagnachmittag in der evangelischen Brokstedter Kirche zahlreiche Menschen den Opfern des Messerangriffs mit zwei Toten und fünf Verletzen gedacht. Beobachtern zufolge kamen rund 500 Menschen in und vor der Kirche zusammen, darunter die stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Schleswig-Holsteins Monika Heinold (Grüne), Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) und Sozialministerin Aminata Touré (Grüne).

Nach der Andacht, bei der auch den zahlreich erschienenen Helfern und Rettungskräften gedankt wurde, entzündeten Besucher etwa 200 Kerzen und stellten sie im Freien auf.

Hamburger Justizsenatorin will sich im Justizausschuss äußern

Das Motiv des Tatverdächtigen ist weiter unklar. Der 33-jährige staatenlose Palästinenser Ibrahim A. war in der Vergangenheit sowohl in NRW als auch in Hamburg mit Gewaltdelikten aufgefallen. Erst eine Woche vor der Bluttat im Regionalzug war er in Hamburg aus Untersuchungshaft freigekommen. Mehrere Politiker, darunter Bundesinnenministerin Nancy Faeser, hatten die Frage aufgeworfen, warum der Mann trotz der vielen Vorstrafen aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) hat angekündigt, am kommenden Donnerstag im Justizausschuss zu den Hamburger Aspekten der Tat zu berichten.

Die Fraktionen von SPD und FDP in NRW betonen in ihrem Antrag für eine Sondersitzung des Rechtsausschusses am kommenden Dienstag, dass A. wohl "ein justizbekannter Mehrfachstraftäter" sei, der in der Vergangenheit "insbesondere auch in Nordrhein-Westfalen bereits in erheblichem Maße auffällig geworden sein soll". Sie erwarten von der Landesregierung "einen umfassenden schriftlichen Bericht zu den Tatvorwürfen und den Strafverfahren, die gegen den mutmaßlichen Täter in der Vergangenheit in Nordrhein-Westfalen aktenkundig geworden sind".

Mindestens elf Ermittlungsverfahren gegen Tatverdächtigen

Laut einer Auflistung der Deutschen Presse-Agentur wurden gegen A. seit seiner Einreise nach Deutschland 2014 mindestens elf Ermittlungsverfahren eingeleitet, darunter wegen Körperverletzung, Bedrohung, Diebstahls und Drogendelikten. Viermal wurde er verurteilt, davon drei Mal rechtskräftig. Auch zuletzt hatte er wegen eines Messerangriffs in Hamburg ein Jahr in Untersuchungshaft gesessen.

Zu den Vernehmungen des Tatverdächtigen wurden keine weiteren Einzelheiten bekannt. Schon am Donnerstag hatte sich A. nach Angaben von Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) nicht geäußert, so dass man keine Rückschlüsse auf sein Motiv habe ziehen können. Daran änderte sich - soweit bekannt - auch am Freitag nichts.

Verteidiger schließt terroristische Motive aus

Der Verteidiger des Mannes schloss indes ein terroristisches Motiv seines Mandanten aus. "Ich gehe sicher davon aus, dass er kein politisches oder religiöses oder terroristisches Motiv in sich trägt", sagte Rechtsanwalt Björn Seelbach der Deutschen Presse-Agentur. Für möglich halte er hingegen, dass der 33-Jährige bei der Tat wütend und außer sich war. Er könne auch psychisch krank sein oder unter dem Einfluss von Drogen gestanden haben.

Bildungsministerin Prien besucht Schule in Neumünster

Unterdessen traf Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien am Freitag mit Schülern und Lehrern der Gewerblichen Schule der Stadt Neumünster, die auch die beiden Todesopfer aus dem Zug besucht hatten. Dabei habe sie "ein allgemeines Gefühl der Angst und der Verunsicherung" wahrgenommen, sagte die CDU-Politikerin im Anschluss.

Sie habe sich aber davon überzeugen können, dass es an der Schule ein sehr gutes Kriseninterventionsteam gebe. Die gesamte Schulgemeinschaft arbeite das Verbrechen auf.

Mit Informationen von dpa

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