Bund und Länder stellen für Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher 20 Milliarden Euro bereit. Mit dem "Startchancen-Programm" sollen zehn Jahre lang 4.000 Schulen gefördert werden, teilten Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot (SPD) am Freitag in Berlin mit. Das sind rund zehn Prozent der Schulen in Deutschland.
Stark-Watzinger: "Größtes und langfristigstes Bildungsprogramm in Geschichte der BRD"
Für Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ist das neue Startchancen-Programm "das größte und langfristigste Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik". Auch viele Landespolitiker lobten das Programm. Sie hoffen nun, dass auch die Gespräche über einen neuen Digitalpakt für die technische Ausstattung der Schulen im Mai in eine gemeinsame Vereinbarung mit dem Bund münden.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), sagte in Berlin, das Startchancen-Programm könne dazu beitragen, den bislang noch stark bestehenden Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg eines Schülers aufzubrechen.
Rund eine Million Schülerinnen und Schüler sollen profitieren
Beim Startchancen-Programm gibt der Bund jährlich bis zu einer Milliarde Euro. Die Länder beteiligen sich in gleicher Höhe. Insgesamt sind dies dann rund 20 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren. Profitieren sollen etwa eine Million Schülerinnen und Schüler. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es rund 40.000 Schulen mit knapp elf Millionen Schülern. Ausgewählt werden sollen die Schulen von den Ländern. Ziel ist es, die Kompetenzen von Schülern vor allem beim Lesen und Schreiben sowie in der Mathematik zu stärken.
Schulerfolg von Kindern hängt stark vom Elternhaus ab
Hintergrund ist die Erkenntnis, dass in Deutschland der Erfolg eines Kindes in der Schule weiterhin stark vom Elternhaus abhängt. Bildungsstudien zeigen zudem eine Abnahme der Kompetenzen. Viele Kinder scheitern in der Grundschule am Lesen, Schreiben, Rechnen, bleiben zurück und schaffen später dann auch keinen Abschluss. Erst im Dezember hatten Ergebnisse einer neuen Pisa-Studie gezeigt, dass deutsche Schülerinnen und Schüler im Jahr 2022 so schlecht abschnitten, wie nie zuvor: Sowohl im Lesen als auch in Mathematik und Naturwissenschaften handelte es sich den Angaben zufolge um die niedrigsten Werte, die für Deutschland jemals im Rahmen von Pisa gemessen wurden.
Kritik an Startchancen-Programm
Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Florian Fabricius, sagte, das neue Programm könne ein "Gamechanger" sein, weil erstmals zielgerichtet Geld verteilt werde an Schulen, die dies besonders nötig hätten. Er kritisierte aber, dass das Geld laut Programm nicht in ohnehin notwendige Sanierungs- und Instandsetzungen fließen darf. Kaputte Toiletten und tropfende Decken könnten damit also nicht repariert werden - das sei absurd, weil solche Reparaturen am nötigsten seien. Auch könne das Programm nichts ändern am Lehrermangel und an den Problemen mit der Digitalisierung an vielen Schulen.
Die Vize-Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Elke Hannack, kritisierte, das geplante Budget reiche nicht aus, um den Modernisierungsstau an den Schulen aufzulösen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte eine Verfünffachung der Mittel. "Es wäre notwendig, das Programm auf zumindest die Hälfte der Schulen auszuweiten", sagte sie dem "Handelsblatt". Das seien zehn Milliarden Euro pro Jahr statt der bisher vorgesehenen zwei Milliarden Euro von Bund und Länder zusammen.
Der bildungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Thomas Jarzombek (CDU), teilte mit, das Startchancen-Programm löse die drängenden Probleme der Schulen nicht. "Wenn die Kinder in die Schule kommen und kein Deutsch können, dann reicht es nicht, ein Elterncafé oder eine Bibliothek zu bauen. Dringend notwendig ist ein verpflichtendes, vorschulisches Programm für Kinder mit Förderbedarf im fünften Lebensjahr."
Mit Informationen von dpa
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