Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, aufgenommen im Rahmen ihres Besuchs in Rabat am 25.1.2024, Marokko. Hier Treffen mit dem Aussenminister Nasser Bourita.
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Mission Marokko: Deutschland will Migration steuern

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Mission Marokko: Deutschland will Migration steuern

Mission Marokko: Deutschland will Migration steuern

Deutschland will irreguläre Einwanderung begrenzen, gleichzeitig Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen. Bundesentwicklungsministerin Schulze versucht das in Marokko. Über einen politischen Drahtseilakt mit dem Ziel "anwerben statt abschrecken".

Nicht nur die Sonne strahlt in Rabat, der Hauptstadt Marokkos: Auch die Augen der Jugendlichen am Goethe-Institut leuchten. Unter ihnen: die 25-jährige Anwar. Die gelernte Krankenschwester hat ein klares Ziel: "Ich möchte gerne in Deutschland arbeiten."

Junge Marokkaner: Der Traum von Deutschland

Deutschland als attraktives Zielland – warum? Anwar und die anderen Jugendlichen meinen: Anders als Marokko biete Deutschland Aufstiegschancen, Weiterbildungen, eine gute Wirtschaft – und vor allem ein sicheres Gehalt.

In Marokko sehen sie keine Perspektive: Die Arbeitslosenquote bei den 15- bis 24-Jährigen liegt bei über 30 Prozent (in Deutschland: 4,9 Prozent). Der Großteil von ihnen ist zwar gut ausgebildet, sie haben Diplome in den Taschen, sind qualifiziert. Doch der Markt ist gesättigt, es fehlen Arbeitsplätze im Land.

Hunderttausende Fachkräfte fehlen in Deutschland

Genau anders verhält es sich in Deutschland: Nachwuchs ist rar, der demografische Wandel macht sich bemerkbar. Zuletzt fehlten nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft 630.000 Arbeitskräfte – mehr als beispielsweise Nürnberg Einwohner zählt. Immer mehr Branchen auch in Bayern setzen auch auf marokkanische Auszubildende: im Baugewerbe oder in Kliniken.

Neuer Weg: "Vor-Integration" in Herkunftsländern

Daher ist Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) auf Mission im nordafrikanischen Marokko: "Wir suchen Arbeitskräfte, wir suchen Fachkräfte." Schulze auf Werbetour: Am Goethe-Institut in Rabat besucht sie den Deutsch- und Integrationskurs. Die Jugendlichen lernen hier nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur Deutschlands – sie werden auf den Alltag vorbereitet.

Schulze nennt das "Vor-Integration" und macht klar: Das ist Deutschlands Kurs: "Je mehr sich Interessierte schon vor dem Umzug mit Deutschland und der deutschen Sprache beschäftigen, desto größer die Chancen für erfolgreiche Integration." Deutschland will irreguläre Migration reduzieren, dafür legale Einwanderungen von Arbeitskräften vorantreiben.

Migration: Marokkos Macht

Das Wort "Migration" nimmt der marokkanische Arbeitsminister Younes Sekkouri nicht in den Mund – er spricht stattdessen von "internationaler Mobilität". Damit gibt er den Ton vor: Marokko will als Partner auf Augenhöhe anerkannt werden. Das nordafrikanische Land weiß um seinen Einfluss bei der Migrationspolitik: Marokko ist nicht nur Herkunftsland von Migranten, sondern gilt als Tor vor Europa und wird damit selbst zum Einwanderungs- und Transitland.

Entwicklungsministerin Schulze: Anwerben, statt abschrecken

SPD-Politikerin Schulze ist das bewusst. Die Reise daher: ein diplomatischer Drahtseilakt – das heikle Thema Abschiebungen wird nicht öffentlich erwähnt. Für die Entwicklungsministerin gilt: anwerben statt abschrecken.

Schulze spricht vor der marokkanischen Bevölkerung die Correctiv-Recherche an und will Ängste vor Rassismus nehmen: "Wir geben den Feinden der Demokratie in Deutschland keinen Raum, wir brauchen die Marokkanerinnen und Marokkaner, die bei uns arbeiten. Sie sind Teil unserer Gesellschaft."

Win-Win: Fachkräfte für Deutschland, Geld für Marokko?

Der marokkanische Arbeitsminister bedankt sich, wirkt zufrieden. Gewinnt Deutschland Fachkräfte, profitiert auch Marokko davon: Rücküberweisungen – also Geld, das Migranten beispielsweise in Deutschland erhalten und für ihre Familien ins Heimatland schicken – machen in Marokko acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.

In Rabat eröffnen Schulze und Sekkouri gemeinsam ein Zentrum für Entwicklung und Migration: Einerseits soll es Anlaufstelle für marokkanische Fachkräfte sein – unter ihnen auch junge Menschen, die bereits Arbeitsverträge im bayerischen Nürnberg haben. Andererseits sind diese Zentren auch für abgeschobene Marokkaner aus Deutschland Orte, die beim Neustart in der Heimat helfen sollen.

Migrationspartnerschaft Deutschland und Marokko

Und dann wird das Thema Abschiebungen doch gestreift: Der Beauftragte des Bundes für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), hat mit Marokko eine Migrationspartnerschaft vereinbart: um Arbeitskräfte zu gewinnen, aber auch um konsequent abzuschieben.

Allerdings ist unklar, wie groß der Effekt bei den Rückführungen sein wird. Von etwas mehr als 350.000 Asylsuchenden im vergangenen Jahr stammten lediglich knapp 1.900 aus Marokko. Derweil gab es in diesem Zeitraum 272 Abschiebungen von marokkanischen Staatsangehörigen, wie es vom Bundesinnenministerium heißt. In der Debatte um Rückführungen abgelehnter Geflüchteter spielt Marokko daher eine eher geringere Rolle.

Migrationsbeauftragter: "Partnerschaften entwickeln, um Migration zu regulieren"

Für Stamp dennoch ein Anfang: "Jetzt kommen weitere Länder. Aber es wird eben immer nur Stück für Stück gehen und Zeit brauchen. Aber wir müssen eben langfristig mit vielen Ländern Partnerschaften entwickeln, wenn wir Migration vernünftig regulieren wollen." Deutschland habe aber noch sehr viel vor sich.

Entwicklungsministerin Schulze jedenfalls ist zufrieden mit ihrer Marokko-Mission. Sie wollte ein Signal senden: "Wer bei uns arbeiten will, der kann andere Wege zu uns finden – der muss nicht den Umweg über ein Asyl gehen, wenn er keins will." Für sie steht fest: Deutschland könne auch eine legale Zuwanderung von Fachkräften organisieren.

Video: Ausländische Arbeitskräfte im Gewächshaus

Saisonarbeiter in Bayern
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