Die russische Armee ist zur erwarteten Großoffensive im Osten der Ukraine angetreten. In der Region Charkiw im Osten der Ukraine hätten russische Truppen ukrainische Grenzdörfer besetzt, meldet das Verteidigungsministerium. Genannt wurden Striletsche, Krasne, Pylne und Boryssiwka, die etwa 30 Kilometer nördlich von Charkiw in der Nähe des Ortes Lipzy liegen, sowie Ohirzewe bei der Stadt Wowtschansk. Auch sei das Dorf Keramik in der Region Donezk unter russische Kontrolle gebracht worden.
Die Bewohner dieser "befreiten" Ortschaften, so die russische Darstellung, seien in "sichere Sammelpunkte" gebracht worden.
Keine unabhängigen Informationen zur Situation von Ort
Diese Angaben decken sich mit inoffiziellen ukrainischen Militärangaben zu der Offensive, die in der Nacht auf Freitag begann. Die russische Armee nahm für sich in Anspruch, eine hohe Zahl ukrainischer Soldaten ausgeschaltet und deren Technik vernichtet zu haben. 34 ukrainische Soldaten seien gefangen genommen worden.
Die ukrainische Seite wiederum sprach davon, die russischen Angriffe abgeblockt und dem Gegner schwere Verluste zugefügt zu haben. Die ukrainischen Behörden brachten nach eigenen Angaben viele Anwohner des Grenzgebietes in Sicherheit. Der für Charkiw zuständige regionale ukrainische Militärchef berichtete auf Telegram von massiven russischen Artillerieangriffen auf verschiedene Dörfer. Unter der Zivilbevölkerung gebe es mindestens zwei Todesopfer und zahlreiche Verletzte. Für die Behauptungen beider Seiten gab es keine unabhängige Bestätigung.
Selenskyj: "Zerschlagen der Offensive Aufgabe Nummer eins"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte in seiner abendlichen Videoansprache am Samstag zu der russischen Offensive in Richtung Charkiw: "Unsere Truppen führen dort seit zwei Tagen Gegenangriffe durch, um ukrainisches Territorium zu verteidigen." Die ukrainische Militärführung habe bereits Verstärkungen in Richtung Charkiw in Marsch gesetzt. "Das Zerschlagen der russischen Offensivpläne ist jetzt die Aufgabe Nummer eins", gab Selenskyj die Devise für die nächsten Tage und Wochen aus. "Der Besatzer muss spüren, dass es für ihn nirgendwo in der Ukraine leicht sein wird."
Ziel des Angriffs: Ukrainische Truppen binden
Russland hat seit Beginn seiner Invasion im Februar 2022 versucht, die Grenzregion Charkiw zu erobern; im Herbst 2022 musste sich seine Armee von dort wieder weitgehend zurückziehen. Doch wie überall an der Front sind es auch in dieser Region seit dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive im Sommer 2023 die russischen Streitkräfte, die derzeit die Initiative haben.
Das in den USA ansässige Institute for the Study of War erklärte am Freitag, dass Russland "taktisch bedeutende Gewinne" erzielt habe. Das Hauptziel des Einsatzes sei es jedoch gewesen, ukrainische Kräfte und Ausrüstung "von anderen kritischen Sektoren der Front in der Ostukraine abzuziehen". Es scheine sich nicht um eine "groß angelegte Offensivoperation zur Einkreisung und Einnahme" der Stadt Charkiw zu handeln, gab das Institut weiter an.
Mit Informationen von dpa und AFP
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