Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich gegen eine Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA ausgesprochen.
"Ich bin der Meinung, dass es schon gut wäre, wenn die britischen Gerichte ihm den notwendigen Schutz gewähren, weil er ja doch mit Verfolgung in den USA rechnen muss, angesichts der Tatsache, dass er amerikanische Staatsgeheimnisse verraten hat", sagte Scholz. "Das ist natürlich etwas, was in den USA nicht gefällt", so der SPD-Politiker bei einer Fragerunde an einem beruflichen Schulzentrum im baden-württembergischen Sindelfingen.
Er habe aber den Eindruck, dass die Wahrscheinlichkeit einer Auslieferung tatsächlich gesunken sei. "Denn die Vertreter der Vereinigten Staaten konnten den britischen Richtern bei der letzten Verhandlung nicht zusichern, dass sich die mögliche Bestrafung in einem aus der Sicht Großbritanniens vertretbaren Rahmen bewegt", betonte der Kanzler.
Deutsche Journalisten fordern Freilassung von Assange
Für eine Freilassung des 52-Jährigen setzen sich weltweit Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände ein. Die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Tina Groll, hatte zuletzt ein Ende der Strafverfolgung gefordert. Die britische Justiz könne mit einer Absage an das Auslieferungsersuchen der USA ein "unmissverständliches Signal für demokratische Grundwerte" setzen, sagte Groll.
"Wikileaks hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Weltöffentlichkeit die schmutzige Seite der US-Kriegseinsätze erfuhr", betonte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Mika Beuster. "Dafür verdient Julian Assange Auszeichnungen und nicht Haft."
Der High Court in London entscheidet über die Auslieferung von Assange an die USA. Dem 52-Jährigen droht in den USA eine Verurteilung unter anderem wegen Verrats. Washington wirft ihm vor, im Jahr 2010 mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Assange sieht sich hingegen wegen seiner journalistischen Tätigkeit strafrechtlich verfolgt und wehrt sich in Großbritannien juristisch gegen seine Auslieferung an die USA.
Anwalt: Vorwürfe sind unbegründet
Bei einer Verurteilung in den USA drohen Assange nach Angaben seines Anwalts-Teams bis zu 175 Jahre Haft, mindestens aber 30 bis 40 Jahre. Die USA werfen ihm diverse Vergehen vor, darunter den Verstoß gegen ein Spionagegesetz.
Anwalt Fitzgerald sieht die Vorwürfe gegen seinen Mandanten als unbegründet an, "weil er in Ausübung seiner üblichen journalistischen Tätigkeit geheime Informationen beschafft und veröffentlicht hat, die wahr und von öffentlichem Interesse sind". Assange veröffentlichte auf der Enthüllungsplattform geheime US-Berichte und Diplomatendepeschen, die er von Informanten zugespielt bekam. Die USA bezeichnen ihn seitdem als Staatsfeind, der das Leben anderer Menschen - wie jener in den Berichten zitierten Personen - gefährdet habe. Für seine Anhänger ist er dagegen ein Held, der Machtmissbrauch und Fehlverhalten der USA in den Kriegen in Afghanistan und dem Irak aufgedeckt habe.
Mit Informationen von Reuters und dpa.
Im Video: Anhörung zum Fall Assange (21.02.24)
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