Argentinien hat einen neuen Präsidenten: Der rechtslibertäre Ökonom Javier Milei hat am Sonntag sein Amt angetreten. Der umstrittene Polit-Neuling wurde im Parlament in Buenos Aires vereidigt. Er schwor, "im Namen Gottes, des Vaterlandes und der Heiligen Evangelien", sich im Präsidentenamt "mit Loyalität und Patriotismus" für sein Land einzusetzen.
Populist Milei wählt für Antrittsrede symbolischen Ort
Schon für seine erste Rede im Amt wählte Milei einen symbolträchtigen Ort: Statt vor den Abgeordneten des Parlaments sprach der Ökonom auf den Stufen des Parlaments zum Volk. "Heute beginnt eine neue Ära in Argentinien", rief Milei. Im Onlinedienst X, vormals Twitter, hatte er die Argentinier zuvor aufgerufen, massenhaft zu seiner Ansprache zu kommen: "Bring deine Flagge mit, Argentinien!" Tausende Anhänger strömten in die Straßen rund um das Parlamentsgebäude.
Milei will "Schocktherapie" gegen extrem hohe Inflation
Der 53-jährige Milei hatte sich bei der Stichwahl im November mit 55,6 Prozent gegen seinen Rivalen, Wirtschaftsminister Sergio Massa, durchgesetzt. Der neue Präsident übernimmt Argentinien in einer schweren Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 140 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land leben unterhalb der Armutsgrenze.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig. Es gebe "kein Geld, keine Alternative zur Sparsamkeit und keine Alternative zur Schocktherapie", warnte Milei nun. Die Wirtschaftslage werde sich zunächst "verschlimmern", "aber dann werden wir die Früchte unserer Anstrengungen sehen".
Mäßigung im Ton und viele aufgeschobene Pläne
Milei hatte die Wahl in Argentinien mit exzentrischem Gebaren und radikalen Forderungen nach einer wirtschaftlichen und politischen Kehrtwende gewonnen. Er kündigte an, den US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel einzuführen, die Zentralbank sowie viele Ministerien abzuschaffen und die Sozialausgaben drastisch zu kürzen. Mittlerweile hat er sich im Ton deutlich gemäßigt und viele seiner ursprünglichen Pläne aufgeschoben oder abgeschwächt. Zudem holte er eine Reihe erfahrener Politiker in sein Kabinett, die er zuvor als Mitglieder der von ihm verachteten "Kaste" geschmäht hatte. Da er im Parlament über keine Mehrheit verfügt, muss Milei ohnehin Allianzen bilden.
Gleich nach Amtsantritt will Milei ein umfangreiches Gesetzespaket ins Parlament einbringen, das den argentinischen Staat grundlegend umbauen soll. Dazu gehören eine deutliche Reduzierung von Ministerien und Behörden, die Privatisierung öffentlicher Unternehmen und ein starker Bürokratieabbau zu Erleichterung von Investitionen.
Wichtiges Wahlkampfversprechen vorerst zurückgestellt
Eines seiner wichtigsten Versprechen im Wahlkampf, die Einführung des US-Dollars als gesetzliches Zahlungsmittel, hat Milei offenbar erst einmal zurückgestellt. In den vergangenen Wochen erwähnte er sein früheres Herzensprojekt kaum noch. "Das ist nur realistisch, denn das Land verfügt einfach nicht über genügend Devisen, um eine Dollarisierung vernünftig umzusetzen", sagte der argentinische Wirtschaftswissenschaftler Eduardo Levy Yeyati.
Auch rechtsradikale Politiker unter den Gästen
Zu Mileis feierlicher Amtseinführung waren höchst unterschiedliche Staats- und Regierungschefs in die argentinische Hauptstadt gereist: Zur Zeremonie kamen sowohl der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als auch der rechtsnationalistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán - der einzige Regierungschef der EU, der weiter enge Beziehungen zum Kreml unterhält.
Auch Santiago Abascal, der Chef der rechtsextremen Vox-Partei in Spanien, der spanische König Felipe VI. und Brasiliens früherer rechtsradikaler Präsident Jair Bolsonaro sowie die Staatschefs einiger Nachbarländer reisten an. "Die Rechten sind nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt im Vormarsch", schrieb Orbán in den Online-Netzwerken. Er teilte dort ein Foto eines Treffens mit seinem "guten Freund" Bolsonaro. Der linksgerichtete brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, von Milei in der Vergangenheit harsch kritisiert, bleib der Zeremonie fern und schickte nur seinen Außenminister.
Milei wird oft mit Donald Trump verglichen
Milei wird oft mit dem rechtspopulistischen Ex-US-Präsidenten Donald Trump verglichen, unter anderem wegen seiner Anti-System-Rhetorik und seines oft aggressiven Tons. Im Wahlkampf war er häufig mit einer Kettensäge aufgetreten und hatte nicht nur mit seinen radikalen Wirtschafts- und Finanzplänen für Aufsehen gesorgt. Er sprach sich auch gegen Abtreibungen und Sexualkundeunterricht sowie für die Freigabe des Organhandels aus und leugnete den menschengemachten Klimawandel.
Mit Informationen von AFP und dpa
Im Video: Amtsantritt von Javier Milei
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