Nach monatelangen hitzigen Debatten gibt die Mehrheit des Parlaments grünes Licht für das Heizungsgesetz, das offiziell Gebäudeenergiegesetz heißt. "Wir haben es uns und den Bürgerinnen und Bürgern nicht leicht gemacht bei diesen Verhandlungen", sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge. Viele Menschen seien verunsichert worden. Sie fordert ihre Koalitionspartner auf, es das nächste Mal gemeinsam besser zu machen. Doch das jetzt vorliegende Gesetz sei gut. Die Regelungen seien "zuverlässig, planbar und für alle bezahlbar".
- Zum Artikel: Kommunale Wärmeplanung – Was Sie wissen müssen
Union: Bundesregierung missachtet das Parlament
Die Union sieht das anders. Sie kritisiert, dass das Gesetz zu wenig beraten werden konnte. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht von einer Missachtung des Parlaments. Viele Menschen hätten zudem Angst vor den Kosten, die durch den Heizungstausch auf sie zukommen würden. Die Zuschüsse des Bundes seien nicht ausreichend. Nach den Worten von CDU-Politiker Jens Spahn seien die Investitionskosten um ein Vielfaches höher als die möglichen Fördersummen.
SPD und FDP: Heizungsgesetz wurde ausreichend nachgebessert
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, stellt nach der Rede von Dobrindt infrage, ob die Union noch zu den beschlossenen Klimaschutzzielen stehe. CDU und CSU würden Kritik üben, aber keine konkreten Gegenvorschläge machen. Miersch betont, dass das Gesetz deutlich nachgebessert worden sei.
Es soll vor allem technologieoffener sein als ursprünglich geplant, sagt die FDP. So können neben Wärmepumpen nach 2024 beispielsweise auch Pellet- und Holzheizungen eingebaut werden. Den Vorwurf der Union, zu wenig Zeit für die Beratung des Gesetzes gehabt zu haben, weist FDP-Fraktionschef Christian Dürr zurück. Die Opposition habe wochenlang Zeit gehabt, um Änderungsanträge stellen zu können.
Opposition lehnt Gesetz ab
Die AfD lehnt das Gesetz grundsätzlich ab. Ob Eigentümer oder Mieter – alle seinen künftig von hohen Kosten betroffen, meint Marc Bernhard, Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg. Statt dem Gebäudeenergiegesetz wäre es besser gewesen, die Atomkraftwerke in Deutschland länger laufen zu lassen.
Die Linke spricht von einem kommunikativen Desaster und einem Irrweg der Regierung. Der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch zeigt der Bundesregierung die rote Karte und kritisiert ähnlich wie die Union die mangelnde Gesetzesberatung. Zudem lasse die Ampel-Koalition die Mieterinnen und Mieter im Stich. "Die Förderung ist für Normalbürger ein Witz", so Bartsch.
Habeck: Werden Geringverdienern unter die Arme greifen
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) kann sich mit dem Heizungsgesetz in seiner jetzigen Form nach eigenen Angaben voll identifizieren. Im Interview mit BR24 sagte Habeck, die Hauptänderungen seien, dass es zuerst eine kommunale Wärmeplanung gibt sowie die Verpflichtung, dass kaputte Heizungen nicht mehr durch Öl und Gas ersetzt werden dürfen. Es sei nur vernünftig, dies so zu machen. Der Minister geht davon aus, durch das neue Gesetz bis Ende des Jahrzehnts etwa 40 Millionen Tonnen CO2 einsparen zu können. Dies sei aber eine Schätzung. Es komme auf verschiedene Faktoren an, beispielsweise, wie schnell die Kommunen ihre Wärmepläne machten und wie interessiert die Deutschen seien, freiwillig solche Systeme einzubauen. Habeck sprach von einem "großen Gesetz" auf dem Weg zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2045.
Gleichzeitig räumte Habeck ein, dass die Förder-Richtlinien für Heizungsbesitzer noch nicht abschließend geregelt sind. Man werde jedoch vor allem Menschen mit geringerem Einkommen unter die Arme greifen. "Wenn man bis zu 40.000 Euro im Jahr als Familie verdient, dann kriegt man bis zu 70 Prozent der Förderung. Also eine Heizung wird schon sehr stark bezuschusst. Wenn man über 40.000 Euro verdient, dann geht die Förderung etwas runter", so Habeck weiter. Und für "ganz harte Fälle" stellte der Minister Ausnahmen in Aussicht.
Im Video: Wirtschaftsminister Habeck im BR24-Interview
So sieht das Gesetz im Detail aus
Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Aber mehr als 30 Millionen Privathaushalte heizen immer noch mit fossiler Energie und hohem CO2-Ausstoß, meistens Gas. Dies zu ändern, ist das Ziel des neuen Gebäudeenergiegesetzes. Es soll ab dem 1. Januar gelten. Die meisten Regelungen greifen aber erst in den kommenden Jahren.
Klimaneutrale Heizungen
Grundsätzlich sollen künftig nur noch klimafreundliche Heizungen eingesetzt werden. Gemeint sind damit Anlagen, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien betrieben werden können. Solche Heizungen sollen ab dem kommenden Jahr in Neubauten in Neubaugebieten eingebaut werden.
Bisherige Gas- und Ölheizungen können vorerst bleiben
Bei allen anderen Gebäuden sollen die Städte und Gemeinden erst eine Wärmeplanung vorlegen. Das heißt, der Einbau fossiler Heizungen bleibt so in vielen Fällen noch einige Zeit möglich. Viele Experten raten jedoch davon ab, weil in den kommenden Jahren die Preise für Öl und Gas unter anderem wegen höherer CO2-Abgaben steigen werden. Wer eine Öl- oder Gasheizung hat, die noch funktioniert, darf diese vorerst weiter nutzen und bei Bedarf reparieren lassen.
Auch Gasheizungen dürfen weiter eingebaut werden – allerdings muss die neue Gasheizung wasserstofftauglich sein, also später umgerüstet werden können. Moderne Ölheizungen, die 65 Prozent erneuerbare Kraftstoffe beimischen können, sollen in bereits bestehenden Wohnhäusern ebenfalls weiterhin zulässig sein.
Staatliche Förderung
Für den Heizungstausch gibt es staatliche Zuschüsse: So steht allen eine Grundförderung von 30 Prozent der gesamten Umrüstungskosten zu. Menschen mit geringem Einkommen können weitere 30 Prozent Förderung erhalten. Wer schnell umrüstet – bis 2028 –, erhält zusätzlich 20 Prozent Bonus. Die Förderungen können kombiniert werden. Jedoch gilt: Der Staat übernimmt maximal 70 Prozent der gesamten Kosten.
Wenn Vermieter in neue Heizungen investieren, können sie die Kosten auf die Mieter umlegen – allerdings nur begrenzt: So darf die Monatsmiete nicht um mehr als 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche erhöht werden.
Viele Experten und Verbände zeigen sich nach der Abstimmung im Bundestag erleichtert. Verbraucherschützer begrüßen, dass jetzt Klarheit herrsche, ab wann was gelte. Hausbesitzer und Handwerker könnten sich jetzt entsprechend darauf einstellen.
Im Video: Heizungsgesetz: Was der Bundestag beschlossen hat
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!