Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zugegeben, den schwarzen Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) auf einer privaten Geburtstagsfeier als "Hofnarr" der Union bezeichnet zu haben. "Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert", wurde Scholz in einer Mitteilung des SPD-Parteivorstands zitiert.
Eine Sprecherin bestätigte, dass Scholz sich mit der Erklärung auf den Begriff "Hofnarr" bezogen habe. "Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert", sagte Scholz weiter.
Scholz: "Persönlich schätze ich Joe Chialo"
Der Kanzler erläuterte, er habe auf der Feier vor zehn Tagen das gemeinsame Abstimmungsverhalten von CDU/CSU und AfD im Bundestag kritisiert. Auf den Hinweis, dass es auch liberale Stimmen in der CDU gebe, habe er entgegnet, dass sich nur sehr wenige Parteivertreter gegen das Verhalten von Parteichef Friedrich Merz gestellt und kritisch zu Wort gemeldet hätten. "Persönlich schätze ich Joe Chialo gerade als eine wichtige liberale Stimme in der Union."
Keine Aussage von Chialo zu Vorfall
Chialo selbst wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern. Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Kultur bestätigte, dass es bei einer Veranstaltung, an der Scholz und Chialo teilgenommen hätten, einen "Vorfall" gegeben habe. "Der Senator äußert sich nicht weiter dazu."
Über den Vorfall hatte zuerst das Nachrichtenmagazin Focus berichtet, dessen Chefredakteur offenbar auch Gast der Feier und nach eigenen Worten Augen- und Ohrenzeuge des Wortwechsels gewesen war. Die SPD hat mittlerweile eine Anwaltskanzlei eingeschaltet, um presserechtliche Schritte wegen eines möglichen Falsch-Zitates gegen den Focus einzuleiten, um unter anderem einen Widerruf und eine Gegendarstellung zu erwirken.
CDU fordert Entschuldigung von Scholz
Aus der Union wurde Scholz wegen der "Hofnarr"-Äußerung heftig attackiert. CDU-Chef Merz sagte am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in der Stadt Neubrandenburg, es habe ihn "wirklich sprachlos gemacht", als er davon erfahren habe. "Das ist der Bundeskanzler, der immer Respekt beansprucht, offensichtlich aber nur für sich selbst."
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach von einer "unsäglichen Entgleisung des Kanzlers". Scholz solle sich umgehend persönlich bei Chialo entschuldigen. "Respekt und Anstand sollten auch im Wahlkampf immer unser Handeln bestimmen", schrieb Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Internetdienst X.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, legte Scholz den Rücktritt nahe. "Wenn der Bundeskanzler sich nicht benehmen kann, dann muss er noch vor der Neuwahl zurücktreten", sagte Winkel in Welt TV. "Denn das ist wirklich unterste Schublade, sich so eine rassistische Entgleisung gegenüber Joe Chialo zu leisten."
SPD-Generalsekretär: CDU inszeniert Empörungswelle
Die SPD wies diese Vorwürfe zurück. "Die CDU inszeniert hier eine Empörungswelle, die zehn Tage nach dem angeblichen Vorfall losgetreten wird", erklärte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. "Das riecht nach einer gezielten Kampagne."
Auch der Gastgeber der privaten Geburtstagsfeier, der Berliner Unternehmer Harald Christ, nahm Scholz in Schutz. Zwar sei er beim Zusammentreffen von Scholz und Chialo nicht persönlich dabei gewesen, erklärte Christ auf X. Er fügte aber hinzu: "Ich kenne Olaf Scholz aber lange und gut genug, um zu sagen: Es ist absurd, den Bundeskanzler in die Ecke eines Rassisten zu rücken."
Mit Informationen der AFP und dpa
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