Mittwoch, 21. Februar - wichtiger Termin in Sachen Wachstumschancengesetz: Ab 18 Uhr sucht der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eine Lösung im Streit um das Wachstumspaket, auf das die deutsche Wirtschaft dringend hofft. Die Fronten zwischen Ampel und Opposition sind aber immer noch verhärtet.
Das Wachstumschancengesetz soll unter anderem steuerliche Entlastungen für Firmen bringen. Der Bundesrat blockierte das Vorhaben aber mit der Begründung, die Länder müssten einen Großteil der Kosten tragen. Das ist der Grund, warum das Gesetz derzeit im Vermittlungsverfahren hängt. Das Volumen der Steuerentlastungen soll in diesem Verfahren von einst geplanten sieben Milliarden Euro jährlich auf drei Milliarden Euro sinken.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Dienstag bei einer Veranstaltung der Arbeitgeberverbände in Berlin, es wäre gut, wenn das Gesetz trotz aller politischen Konflikte schnell über die Bühne ginge. Es brächte Entlastungen für kleine und große Unternehmen. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck drängte auf eine Einigung. "Das muss jetzt auch mal kommen", sagte der Grünen-Politiker in Berlin.
Union fordert: Agrardiesel-Subvention muss bleiben
Die Union will dem Gesetz aber nur zustimmen, wenn SPD, Grüne und FDP auf die geplante Streichung der Steuervergünstigung für Agrardiesel verzichten. Unionsfraktionschef Friedrich Merz rechnete am Dienstag vor, dass für den Bund noch Steuerausfälle von rund 1,5 Milliarden Euro verblieben. "Wir sind dagegen, dass diese Steuerausfälle finanziert werden durch Steuererhöhungen in Höhe von rund 500 Millionen Euro zulasten der Landwirte", sagte der CDU-Vorsitzende. "Wir sind nicht bereit zu akzeptieren, dass die einen belastet werden, damit man die anderen entlasten kann. Beides gehört zusammen."
Der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten, Alexander Dobrindt, nannte die einseitige Belastung der Landwirtschaft völlig überzogen. "Wir haben die Tür aufgemacht. Es ist möglich, eine Einigung zu erzielen", sagte Dobrindt zur Sitzung des Vermittlungsausschusses. Die 1,5 Milliarden Euro Kosten für den Bund durch eine halbe Milliarde Steuererhöhung für die Landwirtschaft gegenzufinanzieren, sei vollkommen unverhältnismäßig. "Und deswegen muss schlichtweg diese Steuererhöhung der Landwirtschaft zurückgenommen werden. Dann gibt es auch eine Einigung an dieser Stelle."
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte sich am Montag bereit erklärt, seinen Widerstand gegen das Wachstumschancengesetz aufzugeben. Auch er forderte jedoch im Gegenzug, dass zuerst die geplanten Agrardiesel-Streichungen zurückgenommen werden sollten.
SPD: Ordnen uns keinem "Diktat" unter
SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich bedauerte, dass die unionsgeführte Seite "mit einem so klaren Dogma an die Gespräche herangegangen ist". Man werde nun mit der Landwirtschaft ausloten, was noch im ersten Halbjahr möglich sei und dazu an diesem Mittwoch mit den Vertreterinnen und Vertretern von 31 Verbänden zusammenkommen. "Ich bin immer noch sehr zuversichtlich, dass wir am Ende eine Lösung auch im Vermittlungsausschuss finden werden. Aber ich werde mich nicht einem Diktat von irgendjemandem unterordnen", betonte der SPD-Politiker.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr richtete den "herzlichen Appell" an CDU und CSU, ihre parteipolitisch begründete Blockade aufzugeben. Diese erfolge am Ende auf dem Rücken der Unternehmen und des Mittelstandes.
Experte wirbt für Wachstumschancengesetz
Der Chefvolkswirt vom Forschungsinstitut Prognos, Michael Böhmer, hält es für ausgesprochen wichtig, dass das Wachstumschancengesetz durch den Vermittlungsausschuss kommt. Böhmer sagte BR24, das Gesetz sei ein Signal dafür, dass die Bundesregierung in der Lage sei, eine stringente, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik zu betreiben. Zudem würde es den Mittelstand substanziell entlasten. "Je nachdem, was am Ende dabei rauskommt, sprechen wir über ein Volumen in einer Größenordnung von 0,1 bis 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts."
Das Gesetz sei somit ein Anfang, es sei jedoch nicht der ganz große Wurf, der jetzt zur großen Entfesselung der deutschen Wirtschaft führen werde. Es könne jedoch wieder "Verlässlichkeit" in die Wirtschaftspolitik bringen – mehr Vertrauen bei den Konsumenten und insbesondere bei den Unternehmern, so Böhmer. "Es geht um Entlastung, es geht auch um Vereinfachung. Und das ist, glaube ich, das, was insbesondere der Mittelstand jetzt braucht in Deutschland."
Video: Interview mit Volkswirt Michael Böhmer
Mit Informationen von dpa
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