Friedrich Merz und Markus Söder stehen Hand in Hand auf der Parteitagsbühne, reißen gemeinsam die Arme hoch. Stärke und Geschlossenheit gleichermaßen soll dieses Bild vermitteln. Konkurrenten? Wir? Die Parteivorsitzenden von CDU und CSU haben in Berlin einmal mehr Harmonie demonstriert.
Von Vertrauen, von freundschaftlicher Zusammenarbeit mit Merz sprach Markus Söder in seinem Grußwort an die Schwesterpartei. Für das Verhältnis zwischen CDU und CSU fand Söder nur gute Worte. Seine, von großem Applaus begleiteten, Attacken galten den politischen Gegnern. Wir werden das gemeinsam rocken, versprach er den CDU-Delegierten mit Blick auf den nächsten Bundestagswahlkampf. Markus Söder spielte Team. Das gefiel dem Parteitag.
Merz wollte mit Rede Zweifel an Person zerstreuen
Söders Auftritt unterschied sich deutlich von dem des CDU-Vorsitzenden am Tag zuvor. Die Merz-Rede, der danach zum Teil das Prädikat "staatstragend" verliehen wurde, war gesetzt im Ton und moderat bei Angriffen auf die politische Konkurrenz. Friedrich Merz umriss die großen Problemlinien und versuchte sich an Antworten. Seine Rede war dabei auch eine Replik auf seine Kritiker, war der Versuch, die Zweifel mancher in der Partei an seiner Eignung zu zerstreuen. Erratisch, dünnhäutig, manchmal unberechenbar, noch nie Teil eines Regierungskabinetts – Merz kennt die Bedenken gegen ihn, die es auch innerhalb der Union gibt. Die Botschaft seiner Rede zwischen den Zeilen – sie sollte wohl lauten: "Ich könnte auch Kanzler".
Deutliche Bestätigung im Amt
Die Rechnung scheint aufgegangen. Dafür sprechen die 89,8 Prozent Zustimmung bei der Wiederwahl zum Parteivorsitzenden. Ja, das Votum liegt unter den 94,6 Prozent, die Merz vor etwas mehr als zwei Jahren bei einem Digitalparteitag erreichte, aber dennoch ist das Wahlergebnis ein wirklich gutes Resultat für den 68-Jährigen. Hätte die CDU im vergangenen Spätsommer oder Herbst eine neue Spitze gewählt – das Ergebnis von Merz wäre wohl ein anderes, ein schlechteres gewesen. Damals hatte der Parteichef mit Äußerungen über den Umgang mit der AfD in der Kommunalpolitik und über Asylbewerber, die sich die "Zähne machen" ließen, für Irritationen gesorgt. Solche Schlagzeilen lieferte Merz seitdem nicht mehr, führte Bundestagsfraktion und Partei mit ruhiger Hand.
Merz weiter in der Favoritenrolle
Auch dafür wurde er nun vom Parteitag mit dem Wahlergebnis belohnt. Es stärkt ihn als Vorsitzenden, seinen inhaltlichen Kurs und ist auch Rückenwind für mögliche künftige Ambitionen. Friedrich Merz bleibt der Favorit für die Kanzlerkandidatur der Union. Hinter das oft zitierte grundsätzliche Erstzugriffsrecht des CDU-Vorsitzenden auf die Kandidatur hat der Verlauf des Parteitages ein Ausrufezeichen gesetzt. Die Unterstützungsreden zahlreicher Spitzenpolitiker der CDU für Merz sind dafür ein deutlicher Beleg.
Merz und die Umfragewerte
Entschieden ist die "K-Frage" damit aber noch nicht. Wichtig, vielleicht entscheidend, für die Aussichten von Friedrich Merz auf die Spitzenkandidatur sind seine persönlichen Zustimmungswerte in der Bevölkerung und die bevorstehenden Wahlen, vor allem die Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern. Fährt die CDU hier Niederlagen ein, könnte das zu Kritik am inhaltlichen Kurs von Merz führen. Seine Umfragewerte sind weiterhin nicht gut, vor allem bei jungen Wählerinnen und Wählern und bei Frauen. Bei diesen Zielgruppen schneidet Merz' Parteifreund Hendrik Wüst deutlich besser ab. Wüst gilt weiter als einer, der Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur hätte, wenn Friedrich Merz scheitern sollte.
Erinnerungen an Söders Verhalten im Machtkampf noch da
In diesem Fall würde wohl auch Markus Söder gerne in das Rennen eingreifen. Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur sollte zwischen den Unionsparteivorsitzenden fallen, erklärte der CSU-Chef vor wenigen Tagen. Dann wäre Hendrik Wüst raus. Dass die CDU diesem Wunsch des Vorsitzenden der Schwesterpartei folgt, ist allerdings unwahrscheinlich. Die größere der beiden Unionsparteien scheint entschlossen, die Kandidatenfrage dieses Mal intern zu lösen.
Wenn man die Delegierten auf dem CDU-Parteitag auf einen möglichen Kanzlerkandidaten Söder anspricht, merkt man, wie frisch die Erinnerungen an den Machtkampf zwischen Armin Laschet und Söder noch sind. Die Art, wie der CSU-Vorsitzende diesen Kampf damals führte, hat viele CDU-Mitglieder empört und ist nicht vergessen. Markus Söder weiß das. An ihm werde der Erfolg 2025 nicht scheitern, versprach er in seiner CDU-Parteitagsrede. Der, teils mit großem Applaus bedachte, Auftritt zeigt, dass es in der CDU Sympathien für Söder gibt und dass man seine Bedeutung für das "Team Union" kennt.
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