Der Botschafter der Palästinensischen Autonomiebehörde in Deutschland, Laith Arafeh, macht Druck. Denn mit Norwegen, Irland und Spanien wollen drei europäische Länder Palästina als Staat offiziell anerkennen, wie am Mittwoch bekannt wurde. Arafeh fordert das nun auch von der Bundesregierung. "Angesichts der besonderen Verantwortung Deutschlands für die Sache des Friedens in der Region und seines erklärten Engagements für die Zweistaatenlösung bleibt zu hoffen, dass Deutschland bald folgt und Palästina als das bezeichnet, was es ist: ein Staat, der auf seine Unabhängigkeit wartet, für ein Volk, das auf Freiheit wartet", erklärte Arafeh.
Regierungssprecher: Von Zweistaatenlösung weit entfernt
Die Bundesregierung signalisierte, dass sie Palästina gerne unterstützen will. Doch gibt es eine entscheidende Hürde. Als alternativlos bezeichnete das Auswärtige Amt die Zweistaatenlösung - also ein unabhängiges Palästina neben dem Staat Israel. Demnach setzt sich die Außenministerin Annalena Baerbock dafür ein, den Dialogprozess weiter am Leben zu halten.
Ein eigenständiger Palästinenserstaat kann laut Auswärtigen Amt aber erst anerkannt werden, wenn es eine Verhandlungslösung zwischen Israel und Palästina gibt. Einer solchen Zweistaatenlösung sei man im Augenblick allerdings fern, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Hebestreit: "Viel diplomatisches Geschick" erforderlich
Gleichwohl sei eine solche ausgehandelte und von allen Seiten akzeptierte Zweistaatenregelung, bei der Israel und Palästinenser friedlich nebeneinander leben, "die einzige Lösung für diesen Konflikt, so langwierig das auch noch sein würde", ergänzte Hebestreit. "Das wird viel diplomatisches Geschick und auch wahrscheinlich viel Zeit bedürfen." Vor dem Hintergrund der Anerkennung eines palästinensischen Staates durch andere europäische Länder ergänzte er: "Da gibt es jetzt keine Abkürzung." Niemand solle die Hoffnung haben, dass sich dieser schwierige Konflikt "durch eine diplomatische Maßnahme, durch eine Entscheidung" plötzlich in Luft auflöse.
Zu der Entscheidung von Irland, Norwegen und Spanien hatte die Bundesregierung zuvor erklärt, dass jedes Land seine Positionierung eigenständig treffe.
Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert Norwegen, Irland und Spanien
Arafeh bezeichnete den Schritt der drei Staaten als einen "Sieg für das Völkerrecht, die Menschenrechte, eine längst überfällige Zweistaatenlösung und für alle, die eine bessere Zukunft anstreben". Die Anerkennung sei "auch eine Niederlage für diejenigen, die versuchen, einen Status quo aufrechtzuerhalten, der die Region dahin gebracht hat, wo sie heute ist".
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, kritisierte die angekündigte Anerkennung Palästinas durch Norwegen, Spanien und Irland als billigen Populismus. Dem Nachrichtensender "Welt-TV" sagte er, aus israelischer Perspektive sei die Voraussetzung für eine Zweistaatenlösung zunächst, "dass von diesem palästinensischen Staat keine Gefahr für das israelische Territorium und seine Bevölkerung ausgeht". Die Entscheidung zur Anerkennung sei kein Beitrag zum Frieden und auf dem Weg zur Zweistaatenlösung, weil damit die Kräfte gestärkt würden, "die auf Terrorismus und Gewalt und nicht auf Verhandlungen und Kompromiss setzen".
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), warnte vor einer Anerkennung Palästinas. Die "bewährte Formel" dass dies "erst im Zuge erfolgreicher Friedensverhandlungen", möglich sei, müsse weiter gelten, sagte er der "Rheinischen Post".
Beobachter werten eine Anerkennung Palästinas vor allem als symbolischen Schritt. Er ist auch deshalb umstritten, weil die Grenzen zwischen Israel und palästinensisch kontrolliertem Gebiet sowie der Status Ost-Jerusalems nicht geklärt sind. De facto besteht "Palästina" zudem aus zwei politischen Gebilden: dem von der Hamas regierten Gazastreifen und dem Westjordanland unter der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Mit Informationen von dpa und KNA
Im Video: Politikwissenschaftler Professor Stephan Stetter
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