Nancy Faeser versucht es mit klaren Worten: "Wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen." Die Bundesinnenministerin von der SPD stellt in Berlin die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2023 vor. Und die zeigt, dass von den insgesamt etwa 2,25 Millionen Verdächtigen im vergangenen Jahr gut 923.000 keinen deutschen Pass haben. Ein Anteil von 41,1 Prozent. 2022 waren es laut Statistik noch 37,4 Prozent.
Rechnet man Verstöße gegen das Ausländerrecht heraus, wie Verstöße gegen Meldeauflagen, fällt der Anstieg nicht mehr ganz so stark aus. Doch Faeser will nach eigenen Worten nichts schönreden und die Probleme klar benennen: Der Anteil ausländischer Verdächtiger ist hoch.
Dem will sie eine "Null Toleranz"-Politik entgegenstellen – mit einem konsequenten Durchgreifen der Polizei und schnellen Strafverfahren. Sollten Ausländer straffällig werden, müssen sie nach Faesers Meinung Deutschland "deutlich schneller" verlassen als bisher.
Warum steigt Kriminalität in Deutschland an?
Holger Münch, der Präsident des Bundeskriminalamts, liefert für die steigenden Zahlen mögliche Erklärungen: Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die wirtschaftliche Lage mit steigenden Preisen und eine stärkere Zuwanderung.
Münch verweist auf die Jahre 2015 und 2016. Auch damals stiegen mit mehr Zuwanderern die Zahlen in der Kriminalitätsstatistik. Danach gingen sie aber wieder zurück. Für Münch ein Beleg dafür, dass Integration wirkt. Faeser nickt bei diesen Worten immer wieder deutlich.
Faeser: Deutschland eines der sichersten Länder
Die Bundesinnenministerin will zum einen auf die möglichen Ursachen der Kriminalität hinweisen: Flucht vor Krieg und Terror können Gewalterfahrungen mit sich bringen, die eigene Gewalt auslösen. Wer wenig Geld in der Tasche hat, in sozialen Brennpunkten wohnt, die Sprache kaum spricht und durch fehlende Bildung kaum Jobchancen hat, ist anfälliger für Kriminalität.
Zum anderen will Faeser den Eindruck vermitteln, alles im Griff zu haben. Der Rechtsstaat ist nach ihren Worten stark. "Deutschland ist weiterhin eines der sichersten Länder der Welt", sagt die SPD-Politikerin.
Die Aufklärungsquote der Polizei ist im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Statistisch gesehen werden von zehn Straftaten sechs aufgeklärt – vor allem die besonders schweren wie Mord, Totschlag und Körperverletzungen.
Neue Stellen für Bundespolizei, mehr Grenzkontrollen
Bei vielen Menschen dürfte trotzdem Verunsicherung bleiben. Faeser wiederholt deshalb, 1.000 neue Stellen bei der Bundespolizei zu schaffen. Die Polizistinnen und Polizisten sollen vor allem für mehr Sicherheit an Bahnhöfen und in Zügen sorgen. Und an den Grenzen.
Die seit vergangenem Oktober verstärkten Grenzkontrollen zu Österreich, Tschechien, der Schweiz und Polen sieht Faeser als Erfolg. 17.600 unerlaubte Einreisen seien so verhindert und mehr als 700 Schleuser festgenommen worden.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte erst gestern im BR24-Interview verlangt, die Grenzkontrollen aufzustocken. Nicht nur zur Fußball-EM, sondern auch darüber hinaus. Faeser ist offen dafür: "Wir werden die Grenzkontrollen so lange fortsetzen, wie es notwendig ist, um die irreguläre Migration dauerhaft wirksam zu begrenzen.
Gesetzesänderungen und EU-Reformen
Herrmann hatte auch verlangt, dass der Bund mehr unternimmt, um Straftäter leichter abschieben zu können. Faeser verweist heute auf ein Anfang des Jahres beschlossenes Gesetzespakt der Bundesregierung. Die Länder sollen dadurch effektiver abschieben können. Denn das ist in der Regel Sache der Bundesländer – so wie die Ausstattung von Polizei, Justiz und Schulen.
Die Bundesregierung verhandelt weltweit über Migrationsabkommen. Mit Georgien gibt es schon eines, mit Marokko wurde neulich eine engere Zusammenarbeit verabredet. Und dann arbeitet auch noch die EU an einer Reform ihrer gemeinsamen Asylpolitik. Die soll unter anderem dafür sorgen, Asylverfahren zu beschleunigen und einige davon schon an den Außengrenzen durchzuführen.
Faeser will keine Ressentiments schüren
"Es gibt keine einfachen Antworten", bilanziert Faeser. Als die Bundesinnenministerin immer wieder nach dem Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalität gefragt wird, wirkt die SPD-Politikerin genervt: "Wir benennen die Probleme sehr deutlich. Aber wir führen die Diskussion nicht auf dem Rücken anderer Menschen."
Im Video: Kriminologie-Professor über Kriminalitätsstatistik
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