Trump und Harris im TV-Duell
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TV-Duell in den USA: Harris lockt Trump aus der Reserve

TV-Duell in den USA: Harris lockt Trump aus der Reserve

Das Rennen um die US-Präsidentschaft geht in die heiße Phase: Beim TV-Duell in Philadelphia zwischen Donald Trump und Kamala Harris wurde es laut und hitzig – allerdings ging das nur von einem Kandidaten aus. Eine Analyse.

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Im Vorfeld rätselten die USA: Was für eine Debatte zwischen Trump und Harris würde es werden? Ob Trump sich gemäßigter geben würde, machte er früh klar: "Sie ist eine Marxistin, jeder weiß, dass sie eine Marxistin ist", sagte er Richtung Harris.

Damit war früh der Ton gesetzt. Zu Beginn gab es noch einen Handschlag der beiden Kandidaten – damit waren die Freundlichkeiten aber abgefrühstückt.

"Wir werden heute Abend eine Menge Lügen hören"

Zweieinhalb Monate ist es her, dass Joe Biden mit einem desaströsen Auftritt im TV-Duell den Anfang vom Ende seiner Präsidentschaftskandidatur einläutete. Er machte anschließend den Weg für Harris frei. Seitdem führten die Demokraten einen souveränen, aber auch risikoarmen Wahlkampf. Das TV-Duell war nun die erste große Herausforderung für die Demokratin.

Harris schaffte es, Trump aus der Reserve zu locken. Der Republikaner wiederholte auch in diesem Duell hanebüchene Lügen: dass Demokraten Abtreibungen im neunten Monat befürworten würden, dass Kinder nach der Geburt "exekutiert" werden könnten, dass die Biden-Regierung Millionen von Menschen aus Gefängnissen und psychiatrischen Einrichtungen ins Land gelassen habe, dass Harris Geschlechtsumwandlungen für illegale Einwanderer in Gefängnissen vollziehen wolle.

Auch seine Wahlniederlage 2020 wollte er weiter nicht eingestehen. Harris fing gar nicht erst an, alle Aussagen von Trump zu korrigieren. "Wie ich eingangs gesagt habe, wir werden heute Abend eine Menge Lügen hören", erklärte sie.

Viel Spott in Harris' Blick

Was sie von Trump hält, machte die Demokratin auch mit ihrer Mimik deutlich: Während der Debatte blickte Trump grimmig in die Kamera, würdigte Harris kaum eines Blickes. Harris wiederum schaute konstant zu Trump, häufig mit spöttischem Blick. Teils nahm sie ihre Hand unter das Kinn, lachte. Es war das demokratische Kontrastprogramm zu Biden, der Ende Juni beim Duell gegen Trump oft entgeistert dreinblickte.

Harris' Strategie wirkte, wiederholt setzte sie Trump unter Druck. Mit den Themen Kapitol-Sturm, Abtreibungen, den Prozessen gegen ihn und seinem Verhältnis zu Autokraten wie Wladimir Putin. Aber auch mit ihrer Rhetorik: Harris bediente sich Formulierungen, die man sonst von Trump kennt. Trump sei "schwach", "eine Schande", Staats- und Regierungschefs weltweit würden über ihn lachen, Diktatoren ihm "die Daumen drücken". Russlands Präsident Putin würde Trump verspeisen, wenn Letzter wieder im Weißen Haus wäre.

Trump sauer über Moderatoren

Trump wirkte sichtlich irritiert und wurde noch wütender. Besonders als Harris sagte, dass Trump-Fans die Wahlkampfveranstaltungen früh verlassen würden, weil sie es nicht mehr aushielten. Trump, sichtlich ungehalten, erklärte zunächst, es sei umgekehrt: Zu den Harris-Events würde niemand gehen.

Er wechselte dann schnell zum Thema Migration und erklärte, dass illegale Einwanderer in einer Stadt in Ohio die Haustiere der Einwohner verspeisen würden. "In Springfield essen sie Hunde. Die Leute, die kommen, essen die Katzen". Dass Trump derart abstruse Äußerungen von sich gibt, dürfte ein Ziel des Harris-Teams gewesen sein.

Auch die Moderatoren zogen Trumps Zorn auf sich, wenn sie seine gröbsten Lügen – wie die "Exekution" von Babys nach der Geburt – korrigierten. Rechte Kommentatoren attackieren den Fernsehsender ABC deswegen. Ein "Drei gegen Eins" sei es gewesen, polterte Trump nach der Debatte.

Trump: "Ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis"

Erst im Schlussstatement brachte Trump sein vielleicht stärkstes Argument: Wenn Harris so viel ändern wolle, warum habe sie das nicht in den vergangenen drei Jahren als Vize-Präsidentin getan?

Trump arbeitete sich zuvor an Biden ab, sagte unter anderem: "Dieser schwache, erbärmliche Mann, den Sie vor ein paar Monaten bei der Debatte gesehen haben – wäre er nicht in dieser Debatte gewesen, würde er anstelle von ihr kandidieren". Der Republikaner attackierte Harris und ihre Partei. Dass er als Gefahr für die Demokratie gebrandmarkt werde, habe zu dem Attentat auf ihn geführt. Er versuchte, die Demokraten als zerstritten darzustellen. In Bezug auf Biden und Harris erklärte er: "Wissen Sie was? Ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis: Er hasst sie. Er kann sie nicht ausstehen."

Harris: "Sie treten gegen mich an"

Harris reagierte darauf mit einem Lachen und erklärte: "Sie treten nicht gegen Joe Biden an, Sie treten gegen mich an." Auch damit versuchte sie sich als Kandidatin des Wandels zu präsentieren. "Lasst uns ein neues Kapitel aufschlagen", erklärte sie. Das Land sei müde von der alten Rhetorik.

Trump dagegen verzichtete auf Optimismus gänzlich: "Sie zerstören unser Land", sagte er wiederholt über die Demokraten. Mehrmals warnte er vor einem "Dritten Weltkrieg".

Durch Trumps apokalyptische Warnungen fiel kaum ins Gewicht, dass auch Harris Schwächen zeigte. Bei Fragen zum Fracking etwa konnte sie ihren Sinneswandel, warum sie die Technik heute unterstütze, nicht schlüssig erklären. Auch beim Thema Migration bot sie Angriffsfläche. Bei ihren Plänen für internationale Kriege blieb sie vage.

"Wer immer Trump auf diese Debatte vorbereitet hat..."

Auch bei den außenpolitischen Themen platzte es aus Trump heraus: Harris hasse Israel, aber genauso die arabischen Länder. Unter ihm hätte es nie einen Krieg im Nahen Osten gegeben. Den Krieg in der Ukraine würde er im Falle eines Wahlsiegs beenden, noch bevor er vereidigt werde. Außerdem habe er die Gaspipeline "Nordstream 2" beendet, Biden habe das wieder rückgängig gemacht. Zudem finde der ungarische Präsident Viktor Orbán ihn ganz wunderbar.

Es waren bei fast allen Themen Attacken und Thesen, die seinen Unterstützern gefallen haben dürften. Ob er damit unentschlossene Wähler überzeugen konnte, kann man bezweifeln. "Wer immer Trump auf diese Debatte vorbereitet hat, sollte gefeuert werden", erklärte der Republikaner Chris Christie, der Trump vor acht Jahren auf die TV-Duelle mit Hillary Clinton vorbereitet hatte.

Enges Rennen in den Umfragen

Das Harris-Team dürfte die Debatte als klaren Sieg verbuchen – und als einen, den sie dringend brauchen. Anfang der Woche veröffentlichte die "New York Times" eine Umfrage, der zufolge Trump landesweit wieder vorn liegt (andere Umfragen sehen Harris weiter knapp in Führung). Unmittelbar nach dem Duell gab mit Taylor Swift der wohl größte Pop-Star unserer Zeit ihre Unterstützung für Harris bekannt. Ihr wird großer Einfluss zugetraut. Mehr als die Hälfte der US-Amerikaner sind Swift-Fan.

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