Im Urlaub einfach mal faul sein, das könne er "ziemlich gut", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kürzlich im ARD-Interview der Woche. Auch Löcher in die Luft starren. Zuvor muss sich der Kanzler allerdings noch Löcher in den Bauch fragen lassen, bei der traditionellen Sommer-Pressekonferenz.
Themen gibt es genug: Krieg in der Ukraine und in Nahost, US-Wahlkampf, Milliarden-Lücke im Bundeshaushalt und die Ampel im Umfragetief. Scholz wirkt anfangs leicht angespannt. Die erste Frage ist dann auch gleich eine nach seiner Beliebtheit.
Scholz will wieder als Kanzlerkandidat antreten
Laut einer aktuellen Umfrage hält nur noch ein Drittel der SPD-Mitglieder Scholz für den richtigen Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl. Ob er nicht lieber dem Beispiel Joe Bidens folgen wolle und verzichten? Nein, sagt Scholz und bedankt sich zunächst für die "überaus nette und freundliche Frage". "Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden."
Die SPD sei eine "sehr geschlossene Partei". Die schlechten Umfragewerte werde man bis Herbst 2025 gedreht bekommen. "Wir sind alle fest entschlossen, gemeinsam in den nächsten Bundestagswahlkampf zu ziehen und zu gewinnen." Die SPD müsse durch Taten und Klarheit überzeugen. Im Übrigen kommentiere er nie Umfragen, sagt Scholz, "weder gute, noch schlechte".
Haushaltseinigung als "größter Erfolg"
Auf die Frage nach dem "größte Erfolg" im vergangenen Jahr nennt Scholz die Einigung der Ampelparteien auf einen Haushalt 2025. Nach langem Ringen hatten sich SPD, Grüne und FDP Anfang Juli auf einen gemeinsamen Entwurf verständigt. "Es ist bemerkenswert, dass wir so weit gekommen sind", sagt der Kanzler. Die weiterhin bestehende Milliardenlücke sei "lösbar".
Ob es nicht ungewöhnlich sei, dass sich ein Regierungschef so stark in Haushaltsverhandlungen einmische, will ein Journalist wissen. Scholz, dem immer wieder mangelnde Führungsstärke vorgeworfen wird, entgegnet: "Wer Führung bestellt, bekommt sie auch."
"Mister Mindestlohn" gegen Lohndumping
Innenpolitische Akzente will der Kanzler unter anderem im Niedriglohnbereich setzen. Seiner Ansicht nach verdienten die Menschen dort immer noch zu wenig. Scholz bezeichnet sich selbst als "Mister Mindestlohn" und will Lohndumping weiter bekämpfen.
Ebenso steht die Begrenzung illegaler Migration und die Abschiebung von Straftätern auf der Kanzler-Agenda. Daran arbeite die Regierung "ganz präzise": Grenzkontrollen seien eingeführt worden, Rückführungen um 30 Prozent gestiegen.
"Dürfen wir uns aussuchen, wer nach Deutschland kommt? Ja."
Scholz will "mit dem Schlendrian Schluss machen" und plant Asylverfahren zu beschleunigen, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besser auszustatten und Ausländerbehörden zu digitalisieren.
Legale Zuwanderung brauche es aber, damit "Deutschland ein wohlhabendes und reiches Land" bleibt, betont Scholz, stellt aber klar: "Dürfen wir uns aussuchen, wer nach Deutschland kommt? Ja." Niemand dürfe damit durchkommen, dass er sich hier "einen bequemen Lenz" macht.
Kanzler appelliert an Zusammenhalt der Gesellschaft
Auf die Frage, was er gegen die wachsende Aggressivität in öffentlichen Debatten unternehmen wolle, sagt Scholz: "Wir müssen alles dafür tun, dass die Spaltungsunternehmer, die Polarisierungsunternehmer, nicht den Ton in unserer Gesellschaft angeben." Es sei wichtig, dass die Gesellschaft zusammenhalte und darauf setze, dass gemeinsam eine gute Zukunft zu gewinnen sei.
Die gewachsene Medienvielfalt hat dem politischen Diskurs nach Ansicht von Scholz aber nicht geschadet. Er empfindet sie als Bereicherung, als gute Sache. Aber auch im Internet müssten Bürgerinnen und Bürger das tun, was sie schon immer konnten - bei einer Lüge aufstehen und sagen: "Das ist Quatsch, das ist Tünkram!"
Drei Wochen Sommerpause: Wo erholt sich Scholz?
Am Freitag hat Bundeskanzler Scholz seinen letzten offiziellen Termin, er wird an der Eröffnung der olympischen Spiele in Paris teilnehmen. Danach geht es in den Sommerurlaub. "Ich freue mich darauf, dass Ruhe herrscht", sagte Scholz der ARD. Und wo erholt sich ein deutscher Bundeskanzler? In Frankreich, wie im vergangenen Jahr? "Das berichte ich, wenn ich wieder zurück bin."
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