Wolodymyr Selenskyj nutzte in dieser Woche den Lieblingssender des US-Präsidenten, um seine Botschaft direkt an den Adressaten richten zu können: "Wir möchten ein faires Ende des Krieges erreichen. Wir haben keine Angst", sagte der ukrainische Präsident am vergangenen Dienstag in einem Interview mit dem US-Fernsehsender "Fox News".
Russland sei nicht so stark, aber "wir wollen nicht noch mehr Menschenleben, Männer und Frauen verlieren". Dann kam Selenskyj, dessen Land sich jetzt bald drei Jahren gegen den russischen Eroberungskrieg wehrt, auf die wesentlichen Punkte zu sprechen: Kremlchef Wladimir Putin wolle den Krieg nicht beenden und umgekehrt werde die Ukraine die Besetzung ihres Landes nicht anerkennen. Die Ukraine befürworte eine diplomatische Lösung.
Daher werde es ohne "breitere Sicherheitsgarantien" für sein Land nicht gehen, das zu rund 20 Prozent von Russland besetzt ist. Die Europäer wüssten, so Selenskyj im Interview, dass es ohne Sicherheitsgarantien der USA, von Präsident Trump, nicht ausreichen werde. Putin habe keine Angst vor Europa. "Leider ist das der Fall. Ich glaube, dass Garantien von Europa allein niemals ausreichen werden."
Trumps Ankündigungen
Die bisherigen Äußerungen von US-Präsident Trump zu seinen Absichten, den Ukraine-Krieg auf dem Verhandlungsweg beenden zu wollen, lassen Platz für Interpretationen. Hatte er in seiner Inaugurations-Ansprache am 20. Januar die Ukraine mit keinem Wort erwähnt, schrieb Trump zwei Tage später auf seiner Plattform "Truth Social": Russlands Präsident Putin solle "diesen lächerlichen Krieg" stoppen. Damit würde er "Russland, dessen Wirtschaft zusammenbricht", einen großen Gefallen tun. Sollten "wir uns nicht bald einigen", habe er – Trump – keine andere Wahl, "als hohe Steuern, Zölle und Sanktionen auf alles zu verhängen, was von Russland an die Vereinigten Staaten und verschiedene andere Länder verkauft wird." Es sei an der Zeit, "einen Deal zu machen".
Einen Tag später, bei seiner Video-Ansprache vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos, legte der US-Präsident nach: Auf die Frage auf dem Davoser Podium, ob es in einem Jahr ein Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland geben werde, gab Trump zurück: "Da müssen Sie Russland fragen. Die Ukraine ist bereit, einen Deal zu machen."
Trumps Kritik an Selenskyj
Was zunächst als eine deutliche Unterstützung Trumps für den ukrainischen Präsidenten gewertet wurde, stellte der US-Präsident unmittelbar darauf eher infrage. In einem Interview mit Fox News, dem ersten TV-Interview nach seinem Amtsantritt, übte Trump erhebliche Kritik an Selenskyj: Der ukrainische Präsident hätte diesen Krieg erst "gar nicht zulassen" sollen. Selenskyj, der "kein Engel" sei, habe gegen "einen viel größeren, mächtigeren" Staat gekämpft. Das hätte Selenskyj "nicht tun sollen, weil wir einen Deal hätten machen können".
Der Krieg müsse nun beigelegt werden. Selenskyj habe jetzt "genug" und wolle "sich einigen", um den Frieden zu sichern. In recht nachsichtigen Tönen ging Trump auf die Tatsache ein, dass es die russischen Invasionstruppen sind, die seit bald drei Jahren das Nachbarland mit einem Zerstörungskrieg überziehen. "Putin hätte das nicht tun sollen." Das müsse beendet werden.
Mit welchen Mitteln der US-Präsident dieses Ziel erreichen möchte? Mit weiteren Wirtschaftssanktionen. Trump erklärte gegenüber Fox News: Die USA würden Russland "massive Zölle und massive Steuern" auferlegen, wenn Putin nicht bald einem Friedensabkommen zustimme.
"Das Problem ist nicht Trump, sondern Putin"
In der Ukraine sei "Trumps harte Haltung gegenüber Russland" zwar begrüßt worden, würde aber mit Vorsicht genossen, so die Einschätzung der ukrainischen Online-Zeitung "Kyiv Independent" in dieser Woche. In Kiew gehe man davon aus, dass der russische Präsident wenig Interesse an Friedensverhandlungen habe, ungeachtet der Drohungen Trumps.
"Das Problem ist nicht Trump, seine Ideen oder Erwartungen, das Problem ist Putin", wie der "Kyiv Independent" Oleksandr Merezhko, den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, zitiert. Er erwarte, dass der US-Präsident bald von Putin "desillusioniert" sein werde, wenn der Kremlchef nicht auf dessen Drohungen reagiere. Die Hoffnung des ukrainischen Parlamentariers: "Dass Trump eine härtere Gangart gegenüber Putin einlegen muss, sobald er merkt, dass Putin nicht die Absicht hat, ernsthaft zu verhandeln".
Im Audio: Putin schließt Verhandlungen über Ukraine nicht aus (29.01.25)
Sitzung des russischen Sicherheitsrates
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