Als sich die Vertreter der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe zum ersten Mal getroffen haben, hatte der russische Angriff auf das Land gerade erst begonnen. Das Treffen an diesem Dienstag ist schon das 20. in diesem Format. Mehr als 50 Staaten sind vertreten: Nato-Mitglieder – aber auch Länder, die dem Militärbündnis nicht angehören. Seinen Namen verdankt das Gesprächsformat dem Austragungsort: dem US-amerikanischen Militärstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein.
Was ist vom aktuellen Treffen zu erwarten?
Die Bundesregierung hat nach den Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius ein weiteres Paket für die Ukraine geschnürt. Der SPD-Politiker bezifferte die zusätzlichen Hilfen auf knapp eine halbe Milliarde Euro. Dazu gehörten beispielsweise 10.000 Schuss Munition aus Bundeswehrbeständen. Die Auslieferung solle sofort beginnen.
Außerdem kündigte Pistorius an, dass Deutschland die Kosten für 180.000 Schuss Artilleriemunition aus einer tschechischen Initiative übernehmen wird. Die Regierung in Prag hat nach eigenen Angaben insgesamt 800.000 Schuss auf dem Weltmarkt aufgetrieben. Gerade an Munition fehlt es der ukrainischen Armee zurzeit – die Initiative soll hier Abhilfe schaffen.
Was steckt hinter der angekündigten Koalition für eine "weitreichende Raketenartillerie"?
Die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Polen haben vergangene Woche in Berlin ein solches Projekt vereinbart – offenbar als Konsequenz aus dem Streit über deutsche Taurus-Marschflugkörper. Kanzler Olaf Scholz will der Ukraine diese Waffe nicht zur Verfügung stellen, weil er darin ein zu großes Eskalationspotenzial sieht.
Nun soll Kiew doch zusätzliches Gerät mit hoher Reichweite bekommen, das allerdings nicht die gleichen Fähigkeiten wie der Taurus haben dürfte. Pistorius sagte in Ramstein, er werde am kommenden Freitag mit dem französischen Verteidigungsminister über Einzelheiten der neuen Koalition sprechen.
Welche Artilleriegeschütze aus Deutschland hat die Ukraine bisher bekommen?
Die Bundesrepublik hat Kiew bislang 14 "Panzerhaubitzen 2000" zur Verfügung gestellt. Die selbstfahrenden Geschütze gelten als sehr effektiv. Sie können Ziele in einem Umkreis von 30 bis 40 Kilometern erreichen.
Eine noch größere Reichweite haben die Raketenwerfer des Typs Mars II, von denen Deutschland bisher fünf geliefert hat. Damit können Ziele in einer Entfernung von bis zu 84 Kilometern bekämpft werden – also weit hinter den Frontlinien. So lassen sich etwa Munitionsdepots der russischen Angreifer attackieren.
Welche Rolle spielt die Luftverteidigung bei den deutschen Militärhilfen?
Eine große. Pistorius hatte die Luftverteidigung kurz nach seiner Amtsübernahme als "Priorität Nummer eins" bezeichnet. Hintergrund sind russische Angriffe mit Raketen und Drohnen auf ukrainische Städte. Um die Luftverteidigung der Ukraine zu stärken, hat Deutschland bisher drei Systeme vom Typ Iris-T SLM geliefert, neun weitere sollen folgen.
Die Bundeswehr selbst verfügt noch nicht über diese hochmodernen Systeme. Ganze Städte sollen damit vor Luftangriffen geschützt werden können. Zudem hat die Bundesregierung der Ukraine zwei Patriot-Flugabwehrbatterien zur Verfügung gestellt – und vor wenigen Wochen erst ein Luftverteidigungssystem vom Typ Skynex.
Was halten die Menschen in Deutschland von der Waffenhilfe für die Ukraine?
Bisher steht laut Umfragen eine Mehrheit hinter der militärischen Unterstützung für Kiew. 56 Prozent der Befragten haben im ARD-Deutschlandtrend von Januar angegeben, die Militärhilfen für die Ukraine seien angemessen beziehungsweise gingen nicht weit genug. 36 Prozent waren der Ansicht, die Waffenlieferungen gingen zu weit.
Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man speziell nach einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern fragt. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend sprechen sich 61 Prozent der Befragten gegen eine solche Lieferung aus und lediglich 29 Prozent dafür. Schon im vergangenen Sommer hatten die Meinungsforscher im Auftrag der ARD nach dem Taurus gefragt – seitdem ist die Skepsis in der Bevölkerung deutlich gestiegen.
Im Video: Ramstein-Spitzentreffen zur Lage in der Ukraine
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