Als Friedrich Merz vor die Mikrofone trat, war die Verkündung des Abstimmungsergebnisses noch keine halbe Stunde alt. Der Gesetzentwurf, den die CDU/CSU-Fraktion durch den Bundestag bringen wollte, als Teil der von ihr angestrebten Wende in der Migrationspolitik, war gescheitert.
- Zum Artikel: "Unions-Gesetzentwurf zu Migration im Bundesrat gescheitert"
Er bedauere das sehr, sagte Merz in seiner ersten öffentlichen Reaktion. Niedergeschlagen wirkte der Kanzlerkandidat der Union dabei äußerlich nicht. Dass das Zustrombegrenzungsgesetz keine Mehrheit fand, obwohl FDP, AfD und BSW die Union unterstützten, ist eine parlamentarische Niederlage für Merz. Dass es so aber eben auch nicht dazu kam, dass erstmalig in der Bundestagsgeschichte ein Gesetz mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit fand, dürfte den Druck verringern, unter dem Merz zuletzt stand. Vielleicht verließ der Fraktionsvorsitzende der Union den Plenarsaal an diesem Tag also auch ein bisschen erleichtert.
Abweichler – vor allem bei FDP und Union
Eigentlich hätten CDU/CSU, AfD, FDP und das BSW zusammen eine klare Mehrheit gehabt, aber nicht alle Abgeordneten der vier Parteien beteiligten sich an der Abstimmung oder votierten mit Ja. Bei der FDP waren 23 Abgeordnete bei der Abstimmung nicht dabei, enthielten sich oder votierten mit Nein. Auch die Unionsfraktion stand nicht geschlossen hinter dem eigenen Antrag: zwölf Abgeordnete stimmten nicht mit ab. Die größte Geschlossenheit zeigte die AfD, bei der nur ein Parlamentarier nicht an der Abstimmung teilnahm.
Einigungsversuche scheiterten
"Der deutsche Parlamentarismus ist der Sieger dieser Woche", so resümierte Merz die Ereignisse der vergangenen Tage im Bundestag. Dieses Fazit fällte er am Ende eines Tages, an dem Union, FDP, SPD und Grüne zunächst über Stunden und schließlich erfolglos versuchten, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. In der anschließenden Bundestagsdebatte überzogen sich die Parteien, die sich selbst der in diesen Tagen viel beschworenen demokratischen Mitte zuordnen, mit Schuldzuweisungen. SPD und Grüne auf der einen und Union und FDP auf der anderen Seite gaben sich gegenseitig die Schuld dafür, dass es nicht gelang, entweder gemeinsam eine Mehrheit für den Gesetzentwurf zu finden oder diesen in den Innenausschuss zurückzuverweisen.
Die demokratische Mitte streitet
Wie schon bei der Abstimmung über die Anträge der Union am Mittwoch rief die Sitzungsleitung die Rednerinnen und Redner auch in der Debatte über den Gesetzentwurf zu einem respektvollen Umgang miteinander auf. Erneut war die Aussprache aber von heftigen Vorwürfen und sehr starker Wortwahl geprägt. Die demokratische Mitte – sie stritt an diesem Nachmittag und das sehr intensiv. Der Wahlkampf war wieder stark zu spüren. Worte, die eine ausgestreckte Hand darstellten, waren selten.
Tage, die Spuren hinterlassen?
Der Gesetzentwurf der Union – er ist nun erst einmal gescheitert. Friedrich Merz will ihn wieder aufgreifen und umsetzen, falls CDU und CSU die nächste Bundesregierung führen sollten. Die aufgeregte Debatte der vergangenen Tage wird den Wahlkampf voraussichtlich dominieren. Die Union wird für die angestrebte Wende in der Migrationspolitik werben. SPD und Grüne werden CDU und CSU vorwerfen, es mit ihrem Ausschluss einer Zusammenarbeit mit der AfD nicht ernst zu meinen. Welche Folgen die Bundestagsdebatten dieser Woche für den künftigen parlamentarischen Umgang mit der AfD haben werden, muss sich noch zeigen.
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