Eine junge Frau sitzt auf einer Bank, neben ihr ein weißer Hund (Symbolbild)
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Eine junge Frau sitzt auf einer Bank, neben ihr ein weißer Hund (Symbolbild)

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Unterschätztes Phänomen: Paus warnt vor Folgen durch Einsamkeit

Fast die Hälfte der jungen Menschen in Deutschland fühlt sich moderat oder stark einsam. So das Ergebnis einer aktuellen Umfrage. Bundesfamilienministerin Paus sieht darin ein Alarmsignal. Sie warnt vor den Folgen für die Gesellschaft und Demokratie.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Einsamkeit ist ein unterschätztes Phänomen. Darauf hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) im ARD-"Morgenmagazin" anlässlich der Aktionswoche gegen Einsamkeit aufmerksam gemacht. Viele einsame Menschen schämten sich dafür – und wollten deshalb vielleicht nicht sagen, dass sie sich einsam fühlten.

Dabei ist Einsamkeit nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO genauso schädlich wie Fettleibigkeit, Rauchen und Luftverschmutzung, sagte Paus zudem den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gerade jüngere Menschen fühlten sich seit der Corona-Pandemie überdurchschnittlich oft einsam: "Das verdient endlich Aufmerksamkeit. Einsamkeit, auch die der Jugend, müssen wir ernst nehmen und handeln."

Jeder zehnte junge Mensch fühlt sich stark einsam

In einer von der Bertelsmann-Stiftung am Montag veröffentlichten Umfrage lag der Anteil der stark einsamen jungen Menschen zwischen 16 und 30 Jahren bei elf Prozent. Werden noch diejenigen hinzugezählt, die sich moderat einsam fühlen, betrifft dies insgesamt 46 Prozent. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) fordert deshalb, das Thema "aus der Tabuzone" herauszuholen.

Im Alter zwischen 19 und 22 Jahren sei die Einsamkeit am größten, ergab die Bertelsmann-Umfrage. Im Vergleich zu Vorgängerstudien im Pandemie-Jahr 2021 und im vergangenen Jahr fühlen sich aktuell demnach etwas weniger junge Menschen sozial und emotional einsam. Der Anteil der emotional Einsamen lag 2024 bei 60 Prozent, wobei bei 14 Prozent dieses Gefühl stark ausgeprägt war. Der Anteil der sozial Einsamen lag bei 39 Prozent, zehn Prozent litten stark darunter.

Junge Frauen häufiger von Einsamkeit betroffen

Junge Frauen sind der Umfrage zufolge häufiger von Einsamkeit betroffen als junge Männer. Das gilt auch für junge Menschen, die geschieden, verwitwet oder arbeitslos sind, einen niedrigen Schulabschluss haben, in mittelgroßen Städten leben oder einen Migrationshintergrund haben. Diese besonders einsamen Gruppen berichteten in der Bertelsmann-Umfrage häufig auch von einer besonders geringen Lebenszufriedenheit.

Insgesamt sind junge Leute in Deutschland mit ihrem Leben mäßig zufrieden. Die Lebenszufriedenheit lag bei 6,75 auf einer Skala von null (überhaupt nicht zufrieden) bis zehn (völlig zufrieden). Für die Studie wurden online vom 13. bis zum 29. März 2532 junge Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren befragt.

Paus befürchtet negative Auswirkungen auf Demokratie

Einsamkeit hat nach Einschätzung von Bundesfamilienministerin Lisa Paus indirekt auch negative Auswirkungen auf die Demokratie. "Wer Vertrauen in die Gesellschaft verliert, verliert auch Vertrauen in die Demokratie, politische Teilhabe nimmt ab, genauso wie die Bereitschaft wählen zu gehen", sagte die Grünen-Politikerin.

Das Ende Mai vorgestellte Einsamkeitsbarometer zeigt einen Zusammenhang zwischen Einsamkeit und politischen Einstellungen. "Das Vertrauen von Menschen mit Einsamkeitserfahrungen in demokratische Institutionen wie den Bundestag, Parteien oder die Polizei ist deutlich niedriger als bei nicht einsamen Menschen", sagte der Leiter des Kompetenznetzes Einsamkeit, Benjamin Landes, bei der Vorstellung der Studie. Dies zeige sich auch an der Beteiligung an Wahlen: Während nicht einsame Menschen zu 80 Prozent ihre Stimme abgeben, sind es bei einsamen nur 70 Prozent.

70 Millionen Euro für den Kampf gegen "eines der drängendsten Probleme unserer Zeit"

Die Ministerin will mit einer Aktionswoche vom heutigen Montag an für das Thema Einsamkeit sensibilisieren. Nach Angaben des Ministeriums können sich bundesweit Projekte und Initiativen beteiligen, die Gemeinschaft fördern. Im Rahmen der Aktionswoche gebe es beispielhafte Aktionen wie etwa gemeinsames Waffelbacken oder Telefonfreundschaften: "Und ich lade ein, sich mit genau solchen kleinen, aber wichtigen Aktionen vor Ort zu beteiligen."

Ihr Ministerium werde insgesamt 70 Millionen Euro für den Kampf gegen "eines der drängendsten Probleme unserer Zeit" zur Verfügung stellen, ergänzte Paus in der ARD. Hinzu kämen Gelder und Aktionen aus anderen Ministerien. Angesichts der Dimension des Problems müsse man bei den Haushaltsberatungen aber auch darüber nachdenken, ob nicht noch mehr Geld dafür nötig sei.

Im Video: Ministerin Paus zur Aktionswoche gegen Einsamkeit

Lisa Paus zur Aktionswoche gegen Einsamkeit im Moma.
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Lisa Paus zur Aktionswoche gegen Einsamkeit im Moma.

Mit Informationen von dpa, KNA, AFP und epd.

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