Wer Bier und gefüllte Pralinen mit Eierlikör in den Einkaufswagen legt, der weiß, dass Alkohol drin steckt. Doch auch in Aufbackbrötchen, fertigem Pizzateig oder Marzipan können sich geringe Mengen Alkohol befinden – was vielen nicht bewusst ist. Erst ein genauer Blick auf die kleingeschriebene Zutatenliste würde Klarheit bringen. Die Verbraucherzentralen fordern nun auffälligere Hinweise auf der Verpackung.
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"Problem": Verbraucherzentrale will Alkohol-Kennzeichnung
"Verbraucherbeschwerden zeigen, dass viele Menschen die Angabe von Alkohol in der Zutatenliste übersehen", sagte Stephanie Wetzel, Koordinatorin des Projekts Lebensmittelklarheit im Verbraucherzentrale Bundesverband. "Für Kinder und Menschen, die bewusst auf Alkohol verzichten, ist das ein Problem." Weitere Betroffene sind etwa Schwangere, Stillende, ehemals Alkoholabhängige oder Menschen, die aus religiösen Gründen auf Alkohol verzichten.
Alkoholhaltige Lebensmittel sollten daher mit einem deutlichen Hinweis versehen werden. "Auch bei unverpackten Lebensmitteln und Speisen im Restaurant, die keine Zutatenliste tragen, sollte Alkohol verpflichtend gekennzeichnet werden", forderte Wetzel.
Welche Produkte enthalten Alkohol? Wie erkennt man dies?
"Versteckter" Alkohol finde sich besonders häufig in Süßigkeiten, Desserts und Fertiggerichten, sagte die Verbraucherschützerin der Nachrichtenagentur dpa. Salatdressings, Feinkostsalate und Konfitüren enthielten gelegentlich ebenfalls Alkohol. In den Zutatenlisten lauten Bezeichnungen teils auch "Ethanol" oder "Ethylalkohol", wie es auf dem Portal Lebensmittelklarheit heißt. Ökotest zufolge (externer Link) lässt sich Alkohol auch anhand folgender Begriffe erkennen: Äthanol, Äthylalkohol, Trinkalkohol, E 334 (Weinsäure), E 1519 (Benzylalkohol) oder Phenylmethanol. Zudem hat Ökotest unter Berufung auf die Verbraucherzentrale und dem Verein Blaues Kreuz eine Liste von potenziell betroffenen Produkten erstellt:
- Backwaren wie Schokobrötchen, Milchbrötchen, Zimtschnecken zum Aufbacken, Christstollen, Baumkuchenspitzen, Cremeschnitten und generell Fertigkuchen
- Süßigkeiten wie Marzipan, Schokoriegel, Weingummi
- Weiteren Desserts wie Eis oder Tiramisu
- Malzbier und Malzgetränken für Kinder (diese dürfen bis zu 0,5 Prozent Alkohol enthalten)
- Kefir und Kombucha
- Fertiggerichten wie etwa Hühnerfrikassee und -suppen (z. B. Zwiebelsuppe, Gulaschsuppe, Ochsenschwanzsuppe)
- Braten- oder Cocktailsauce
- Weinsauerkraut
- Käsefondue
- Konfitüren
Warum enthalten manche dieser Produkte Alkohol?
Der Verband Deutscher Großbäckereien erläuterte, teilweise entstehe Alkohol im Teig selbst durch den Gärprozess. Die Stärke im Getreide liefere Zucker, den Hefe in Kohlendioxid und Alkohol umwandele. Das Kohlendioxid sorge dann dafür, dass Brot Volumen erhalte und nicht als gebackener Teigklumpen aus dem Ofen komme. Der Alkohol sei unter anderem zuständig für die Aromabildung und eine gute Kruste. Die messbare Menge sei minimal und die Waren seien zum Aufbacken bestimmt. Die Kennzeichnung in der Zutatenliste sei ausreichend, betonte der Verband.
Warnhinweise nicht in Sicht: Ist "versteckter Alkohol" ein Problem?
In der Bundesregierung gibt es derzeit keine Pläne für neue Packungshinweise. Das Ernährungsministerium erklärte, das auf EU-Ebene geregelte Kennzeichnungsrecht sehe verpflichtende Vorgaben wie Warnhinweise derzeit nicht vor. Das Initiativrecht für Änderungen liege bei der EU-Kommission. Das Ministerium begrüße einen EU-weit harmonisierten Ansatz einer Kennzeichnung zur Prävention missbräuchlichen Alkoholkonsums. Man werde sich konstruktiv in mögliche Beratungen einbringen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung erläuterte, es sei davon auszugehen, dass Ethanol aus natürlichen Gärungsprozessen nicht kritisch im Hinblick auf eine Rausch auslösende oder toxische Wirkungen sei – auch bei Verzehr größerer Mengen und durch "empfindliche Untergruppen" in der Bevölkerung. Bei Aufbackbrötchen könne davon ausgegangen werden, dass die Erhitzung beim Aufbacken zu einer deutlichen Reduktion eventuell vorhandener Ethanolgehalte führe.
Das Ernährungsministerium wies darauf hin, dass auch in Fruchtsäften und Kefir geringe Mengen natürlichen Alkohols feststellbar seien, was geschmacklich meist nicht zu bemerken sei. Negative Auswirkungen der geringen Mengen seien nach Einschätzung des bundeseigenen Max-Rubner-Forschungsinstituts nicht bekannt.
Mit Informationen von dpa
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