Wladimir Putin hätte sich keinen besseren Zeitpunkt für das Interview aussuchen können. In den USA haben die Republikaner von Donald Trump gerade das bisher schärfste Gesetz zur Kontrolle der Südgrenze der USA abgelehnt. Dafür hatten sich die Demokraten zu beispiellosen Zugeständnissen bewegen lassen.
Im Gegenzug verknüpften die Demokraten das neue Gesetz unter anderem mit der Freigabe von 60 Milliarden Dollar Militärhilfe für die Ukraine sowie 14 Milliarden für die Unterstützung Israels. Am Ende wurde das von beiden Seiten ausgehandelte Gesetz von Putin-Versteher und Präsidentschaftskandidat Donald Trump zu Fall gebracht. Seine Begründung: Joe Biden könne den Deal als seinen Erfolg verbuchen und Trump im Wahljahr deshalb schlecht dastehen lassen.
Gezielte Wahl des Zeitpunkts durch Putin
Genau diesen Moment hatte der russische Präsident für seine Propagandaaktion geschickt abgepasst. Bereits seit Donnerstag vergangener Woche hatte sich in der US-Hauptstadt abgezeichnet, dass das neue Grenzschutzgesetz, das über fünf Monate in langwierigen Verhandlungen zwischen beiden Parteien ausgehandelt worden war, an Trumps Widerstand scheitern würde.
Die Propagandastrategie des Kremls
Carlsons Besuch in Moskau und sein Interview mit Putin haben in den USA große Aufmerksamkeit erregt und sind nahezu einhellig auf Ablehnung gestossen. Es war das erste Interview Putins mit einem westlichen Medienvertreter seit Beginn der Invasion in der Ukraine im Februar 2022.
In Russland selbst haben sich die Arbeitsbedingungen für westliche Journalisten seit der russischen Aggression deutlich verschlechtert. So befindet sich der Moskauer Korrespondent des Wall Street Journal, Evan Gershkovich, seit März 2023 wegen Spionagevorwürfen in russischer Haft. Die USA und sein Arbeitgeber bestreiten die Vorwürfe vehement.
Carlson in Moskau: Ein umstrittenes Interview
Die Entscheidung, Carlson ein Interview zu gewähren, kann zweifellos als offensichtlicher Versuch Putins gewertet werden, die MAGA-Fraktion der Republikanischen Partei in den USA zu erreichen. Sein Ziel dürfte es sein, die derzeitige Dynamik innerhalb des Trump-Lagers zu nutzen, um die Unterstützung für die Ukraine weiter zu schwächen.
Putins Versuch, die MAGA-Bewegung zu erreichen
In Tucker Carlson hat er dabei einen willfährigen Übermittler seiner Botschaften gefunden. Der 54-jährige, in San Francisco geborene TV-Journalist liegt auf einer Linie mit den Zielen der russischen Propaganda. Seit Jahren heizt Carlson den rechten Rand der Republikaner an und präsentiert sich als Spalter der Nation, indem er immer wieder Verschwörungsgeschichten verbreitet, nach denen etwa die US-Regierung ein Mordkommando auf Donald Trump angesetzt habe.
Carlson und Putin: Eine kremlfreundliche Sichtweise
Und auch in einem anderen Punkt sind sich Carlson und Putin einig: Russland habe das Recht gehabt, in die Ukraine einzumarschieren, erklärte der Moderator mehrfach in seinen TV-Sendungen. Seit Beginn des Krieges fordert er, die Hilfe für das Land einzustellen. Bis zu seinem Rauswurf bei Fox News im April 2023 veröffentlichte das russische Staatsfernsehen regelmäßig seine kremlfreundlichen Monologe. Als Fox News ihn damals feuerte, gab es auch eine Protestnote aus Moskau. Der russische Außenminister Sergei Lawrow verurteilte den Rauswurf als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit.
Autoritäre Neigungen und zukünftige Pläne
Dass sich Carlson offenbar zu autoritären Staatsmännern hingezogen fühlt, zeigt eine Liste von Prominenten, die er bisher interviewt hat: Dazu gehören der ungarische Premierminister Viktor Orbán, der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, der polnische Präsident Andrzej Duda und Jair Bolsonaro, der ehemalige Präsident Brasiliens, der im vergangenen Jahr einen gescheiterten Selbstputsch inszeniert haben soll.
Das Interview mit Wladimir Putin soll Carlson zufolge heute um 18.00 Uhr Washingtoner Zeit auf seinem X-Kanal publiziert werden, also um 24.00 Uhr MEZ.
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