Babsi Schmid betreibt einen Beauty-Salon in Garmisch-Partenkirchen. Außerdem hat sie zwei kleine Kinder. Sie macht sich Sorgen um die Zukunft, hätte gerne mehr Geld zur Verfügung und bessere Betreuungsmöglichkeiten für ihre bei Kindern. So wie ihr, ergehe es derzeit vielen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis, erzählt sie. Nun fragt sich Schmid, ob sie von dem neu geschnürten Finanzpaket in Höhe von Hunderten Milliarden Euro finanziell profitieren könnte.
VdK fordert höhere Löhne
Die neue Bundesregierung möchte zum einen 500 Milliarden Euro in einem Sondervermögen für Infrastruktur investieren. Zum anderen soll die Schuldenbremse reformiert werden und auf diesem Weg viel Geld in die Verteidigung fließen. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, warnt jedoch davor, die Bereiche Verteidigung und Soziales gegeneinander aufzurechnen. Sie fordert: "Wenn man sich entscheidet, so viel Geld für Verteidigung auszugeben, dann muss klar sein, es muss auch Geld da sein für die soziale Infrastruktur und es muss vor allem auch an der Einnahmenschraube gedreht werden." Gefordert wird vom Sozialverband VdK, dass der Mindestlohn über 15 Euro steigen soll, zudem will man eine höhere Besteuerung sehr hoher Erbschaften und Vermögen.
Profitiert nur die ältere Generation?
Grundsätzliche Kritik an den geplanten neuen Schulden äußert dagegen Frauke Rostalski, die Professorin ist auch Mitglied im Deutschen Ethikrat. Die Rechtswissenschaftlerin kritisiert, das Schuldenpaket führe zu einem veritablen Problem in Bezug auf die intergenerationale Gerechtigkeit. Dies beträfe junge Menschen, die für all die Schulden aufkommen müssen. Zudem sagte sie, dass unklar sei, auf welche Art und Weise diese Schulden künftig getilgt werden sollen.
Ihrer Einschätzung nach profitieren vor allem ältere Menschen von dem Finanzpaket. "Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass die älteren Generationen jetzt zittern müssen." Rostalski bezieht sich auf das Sondierungspapier von Union und SPD – darin sei die Rede von einer Sicherung des Rentenniveaus und einer Erhöhung der Mütterrente gewesen. Ob dagegen jungen Familien profitieren würden, das bleibe noch abzuwarten.
Bentele sieht Klimaschutz als Chance
Das Finanzpaket soll auch der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen dienen, für diesen Posten sind aktuell 100 Milliarden Euro vorgesehen. VdK-Präsidentin Bentele begrüßt dies: "Damit sich junge Menschen keine Sorgen machen müssen, muss die Regierung in Klimaschutz investieren – auch der Schutz des Planeten ist eine Investition in die Zukunft." Zusätzlich seien auch Investitionen in die soziale Infrastruktur wichtig, so Bentele. Trotz der neuen Mittel müsse man allerdings mit Blick auf die Zukunft sehr genau überlegen, was man sich noch leisten könne. Steuererleichterungen für alle Unternehmen, statt nur für kleine Handwerksbetriebe etwa, sieht Bentele kritisch.
Geht das Vertrauen in die Demokratie verloren?
Bentele kritisiert zudem die 180-Grad-Wende der Union in Sachen Schuldenbremse. Inhaltlich sei diese zwar sinnvoll, aber: "Was die Ehrlichkeit gegenüber Wählerinnen und Wählern angeht, ist das kein Meisterstück gewesen." Rostalski konstatiert einen Vertrauensverlust. "Es ist klar, dass so Vertrauen verloren gegangen ist, Vertrauen in die Union, aber schlimmstenfalls auch in die Demokratie." Dieses Vertrauen müsse nun wieder aufgebaut werden. Babsi Schmid aus Garmisch-Partenkirchen jedenfalls wünscht sich von der neuen Regierung, dass diese dafür sorge, dass Menschen wie sie wieder mehr Vertrauen in die Politik haben – unabhängig davon, ob sie am Ende vom Finanzpaket profitiert.
Mehr zum Thema gibt es in der Münchner Runde, heute um 20:15 Uhr. Unter anderem mit Klaus Holetschek, CSU-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag; Ludwig Hartmann, Vizepräsident des Bayerischen Landtags, B’90/Die Grünen; Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland; die Unternehmerin und Initiatorin von "Unternehmer in Bewegung", Sarna Röser, sowie die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld.
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