Wie uns Russland im Netz manipuliert
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Wie uns Russland im Netz manipuliert

Kopierte Nachrichtenseiten, Hetze und Lügen auf Social Media. Neueste Recherchen zeigen, wie Russland versucht, die Stimmung in Deutschland gezielt zu beeinflussen. Das Ziel: Zukunftsängste schüren und rechte Parteien stärken.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Medien am .

In den vergangenen Wochen veröffentlichten einige deutsche Medien Recherchen zu russischen Desinformationskampagnen in Deutschland. Es geht zum einen um sogenannte Doppelgänger-Webseiten. Das sind Seiten, die täuschend ähnlich aussehen wie normale deutsche Nachrichtenseiten. Sie verbreiten aber Lügen und Desinformationen und sollen aus Russland gesteuert sein.

Die neuesten Recherchen von NDR, WDR und SZ, zeigen, dass eine russische Agentur namens "Social Design Agency" (SDA) hinter der "Doppelgänger"-Kampagne zur Verbreitung von Desinformation steckt. Interne Dokumente zeigen, dass ein enger Vertrauter Putins dafür verantwortlich ist. Das Ziel ist klar: Die Stimmung in Deutschland soll beeinflusst werden, die Deutschen sollen möglichst viel Angst vor der Zukunft bekommen.

Ziele der Kampagne

Den Recherchen zufolge betrachtet der Kreml Deutschland als ein bevorzugtes Ziel für die Verbreitung von Desinformationen. So sollen Falschinformationen in Deutschland "die Zukunftsangst erhöhen" und rechte Parteien stärken. Ein anderes Ziel: Die AfD, heißt es in einem zitierten russischen Dokument, soll eine Zustimmung von 20 Prozent erreichen - und zwar bei einem Umfrageinstitut, dessen Ergebnisse in ganz Europa veröffentlicht werden und das als vertrauenswürdig gelte.

Eines der Hauptnarrative der russischen Kampagnen sei die Behauptung, die deutsche Unterstützung für die Ukraine sei schuld an der "tiefsten wirtschaftlichen und sozialen Krise der jüngeren Geschichte". Es solle der Eindruck erzeugt werden, Deutschland stehe wirtschaftlich am Abgrund.

SDA vor allem in den sozialen Medien aktiv

Die russische Agentur SDA verbreitet den Rechercheergebnissen zufolge rund um die Uhr in den sozialen Netzwerken Narrative, die der russischen Staatsführung nutzen sollen. Thomas Rid ist Politikwissenschaftler an der Johns-Hopkins-Universität und forscht schon seit Jahren zu russischer Desinformation. Dem Rechercheverbund WDR, NDR und SZ sagte er: "Die Social Design Agency ist ein russisches Marketing PR Unternehmen, das in direktem Auftrag für den Kreml arbeitet, aber vor allem Desinformationsdienstleistungen macht. Also gewissermaßen eine Firma, die Desinformation betreibt."

Die an der Recherche beteiligten Medien berufen sich auf die Auswertung zahlreicher interner Präsentationen, Tabellen, Listen, Grafiken und Protokolle von SDA, die ihnen von einer anonymen Quelle zugespielt worden seien. Die Dokumente zeigen eine direkte Verbindung zum Kreml. Die Agentur hat ganz genau im Blick, welche Themen die Deutschen beschäftigen.

Strategie der Doppelgänger-Seiten

Die andere Strategie ist die der Doppelgänger-Seiten. Seit Beginn des Ukraine-Krieges werden mittels täuschend echt aussehender Online-Portale oder Webauftritte russische Narrative verbreitet. Die Recherchen zeigen nun, dass die Agentur SDA hauptverantwortlich dafür ist.

Die Webseiten von großen deutschen Medien wie dem Spiegel, der SZ oder der FAZ werden geklont und mit anderen Inhalten bespielt. Diese sind oft russlandfreundlich, kritisieren die Ampelregierung oder die westliche Hilfe für die Ukraine. Es sieht täuschend echt aus, aber die Seiten haben oft andere Endungen. Man kann sie daran erkennen, dass es zum Beispiel nicht "Spiegel.de" heißt, sondern am Ende steht ein ".ltd".

"Prorussische Narrative"? Verfassungsschutz ändert Bericht

Auch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat im August zu den Doppelgänger-Seiten einen Bericht veröffentlicht. In einer ersten Fassung hatte die Behörde unter anderem die "Berliner Zeitung" oder den "Freitag" als eines der Medienhäuser aufgelistet, die "Nachrichten passend zum russischen Narrativ verbreiten". Daher nutze Russland diese Nachrichten. In der Auflistung finden sich auch der NDR, "Münchner Merkur", "Focus" oder das Statistische Bundesamt.

Es gab heftige Kritik von Seiten der betroffenen Medien. Der Chefredakteur der "Berliner Zeitung", Tomasz Kurianowicz, warf der bayerischen Behörde daraufhin eine "falsche Einordnung" vor, "die nicht nur unwahr, sondern auch rufschädigend und verleumderisch ist".

Der Verfassungsschutz veröffentlichte daraufhin eine "Klarstellung": Da es "teilweise zu inhaltlichen Missverständnissen" gekommen sei, habe man "strukturelle Anpassungen" des Berichts vorgenommen. In der aktuellen Version finden sich die genannten Medien unter der Kategorie "Webseiten, deren Inhalte der Akteur in Teilen weiterverbreitet hat". Mit "Akteur" ist Russland gemeint.

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