Verfassungsschutzbericht Bayern 2024 Halbjahresbericht
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Der Präsident des BayLfV, Burkhard Körner, bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das 1. Halbjahr 2024 in München.

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"Prorussische Narrative"? Verfassungsschutz ändert Bericht

"Prorussische Narrative"? Verfassungsschutz ändert Bericht

In einer Analyse zu russischen Desinformationskampagnen hatten Bayerns Verfassungsschützer Medien wie der Berliner Zeitung "prorussische Narrative" unterstellt. Nach heftiger Kritik hat die Behörde den Bericht nun "strukturell angepasst".

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) hat seine Mitte August veröffentlichte Analyse "Interne Details zu russischer Desinformationskampagne 'Doppelgänger'" (externer link) nachträglich geändert. In einer ersten Fassung hatte die Behörde unter anderem die "Berliner Zeitung" als eines der Medienhäuser aufgelistet, die "Nachrichten passend zum russischen Narrativ verbreiten". Daher nutze Russland diese Nachrichten.

Berliner Zeitung spricht von "skandalösem Vorgang"

Der Chefredakteur der "Berliner Zeitung", Tomasz Kurianowicz, warf der bayerischen Behörde daraufhin eine "falsche Einordnung" vor, "die nicht nur unwahr, sondern auch rufschädigend und verleumderisch ist". Belege, dass Nachrichten der "Berliner Zeitung" ins "russische Narrativ" passten, bleibe der Verfassungsschutz schuldig.

Diese Unterstellungen dienten dazu, die Zeitung anzugreifen und deren Mitarbeiter zu diskreditieren. "Das ist ein skandalöser Vorgang, der von einer staatlichen Behörde gegen ein unabhängiges Medienhaus ins Rollen gebracht wurde", schreibt Kurianowicz in einem Artikel. Auch weitere in dem Bericht genannte Medien wie die "Junge Freiheit", der "Freitag" oder "Tichys Einblick" hatten sich beschwert und zum Teil einen Anwalt eingeschaltet.

"Missverständnis" – Verfassungsschutz ändert Kategorien

Der Verfassungsschutz veröffentlichte daraufhin eine "Klarstellung": Da es "teilweise zu inhaltlichen Missverständnissen" gekommen sei, habe man "strukturelle Anpassungen" des Berichts vorgenommen. In der aktuellen Version finden sich die genannten Medien unter der Kategorie "Webseiten, deren Inhalte der Akteur in Teilen weiterverbreitet hat". Mit "Akteur" ist Russland gemeint.

Dort ist auch zu lesen: "Das BayLfV unterstellt explizit nicht, dass die Verantwortlichen der hier aufgelisteten Webseiten russische Propaganda verbreiten oder in Kenntnis darüber sind bzw. es gutheißen, dass ihre Inhalte im Rahmen der 'Doppelgänger'-Kampagne weiterverbreitet werden. Ferner nimmt das BayLfV keinerlei Wertung der Inhalte der betreffenden Webseiten vor." Die "Doppelgänger"-Kampagne hat laut Verfassungsschutz das Ziel, bewusst Falschinformation und prorussische Narrative zu verbreiten, um in westlichen Gesellschaften Zweifel an liberalen demokratischen Werten zu säen.

In der Auflistung finden sich auch NDR, "Münchner Merkur", "Focus" und das Statistische Bundesamt. Die vorherige Kategorie "Webseiten, die Nachrichten passend zum russischen Narrativ verbreiten" ist aus dem Bericht verschwunden.

"Berliner Zeitung" sieht sich bestätigt

Die "Berliner Zeitung" sieht sich bestätigt – ihr Protest habe gewirkt. "Verfassungsschutz in Bayern korrigiert Bericht" ist auf der Startseite am Donnerstag zu lesen. Auch die "Junge Freiheit" sieht die Änderung als Erfolg, der Verfassungsschutz habe seine "Vorwürfe" zurückgenommen.

Laut "Freitag" hat der Verfassungsschutz zwar schnell auf die Proteste reagiert, dennoch beklagt die Wochenzeitung, in der Zwischenzeit sei "einiger Schaden angerichtet" worden. Sie verweist auf Diskussionen über die Verfassungsschutz-Behauptung auf der Plattform "X".

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