Wie alle 735 Abgeordneten des Deutschen Bundestages entscheiden auch die 78 AfD-Parlamentarier eigenständig und unabhängig darüber, wen sie beschäftigen. Das gilt sowohl für die Besetzung der Bundestags-Büros in Berlin als auch in den Wahlkreisen. Entsprechend unterzeichnen der Parlamentarier und der jeweilige Beschäftigte einen Arbeitsvertrag. Die AfD-Bundestagsfraktion bestimmt ebenfalls selbst, wen sie beschäftigt. Die Fraktionen sind nicht Teil der öffentlichen Verwaltung. Die Bundestagsverwaltung hat bei Stellenbesetzungen kein Mitspracherecht.
Wie viele Mitarbeiter sind für die AfD im Bundestag tätig?
Insgesamt waren nach Angaben des Deutschen Bundestages waren Ende Januar bei den Abgeordneten aller Fraktionen rund 5.600 Personen beschäftigt – 2.600 in den Wahlkreisen, 3.000 in den Berliner Büros. Die Zahl der Mitarbeiter in den Fraktionen gibt die Parlaments-Verwaltung in ihrer bislang letzten Aufstellung von November 2022 mit 1.121 an. Die AfD-Fraktion beschäftigt demnach 144 Mitarbeiter. Auf BR-Anfrage gibt die AfD die Zahl ihrer Mitarbeiter allerdings mit 182 an.
Hinzu kommen hunderte Mitarbeiter der AfD-Abgeordneten. Hierzu macht weder die Bundestagsverwaltung noch die AfD-Bundestagsfraktion Angaben. Nach BR-Recherchen arbeiten mehr als 500 Personen für die AfD-Fraktion und ihre Abgeordneten. Wie viele genau, das ist unklar.
Wie viel Geld fließt an die Mitarbeiter der AfD?
Seit dem 1. März 2024 stellt die Bundestagsverwaltung jedem Abgeordneten für die Bezahlung seiner Mitarbeiter monatlich eine Pauschale in Höhe von fast 26.000 Euro zur Verfügung. Abgeordnete können selbst entscheiden, auf wie viele Mitarbeiter sie dieses Geld verteilen. Je nach Ausbildung und Aufgaben verdienen in Vollzeit angestellte Mitarbeiter von Abgeordneten zwischen 2.000 und fast 9.600 Euro brutto.
Der überwiegende Teil des Geldes, das die Fraktionen aus dem Bundeshaushalt erhalten, fließt in die Bezahlung ihrer Mitarbeiter. So hat die AfD nach eigenen Angaben 2022 von ihren Einnahmen in Höhe von fast 17 Millionen Euro rund 12,5 Millionen Euro für ihr Fraktionspersonal ausgegeben. Jedem der 78 Abgeordneten steht zudem eine Mitarbeiterpauschale zur Verfügung. Insgesamt geht es um mehr als 30 Millionen Euro jährlich.
Welche Aufgaben übernehmen die Mitarbeiter?
Sie führen die Büros der Parlamentarier im Wahlkreis und in Berlin, bereiten Ausschusssitzungen vor, schreiben Reden und Regierungsanfragen, übernehmen die Kommunikation mit den Medien, erstellen Inhalte für die sozialen Plattformen, sie sichten und bearbeiten teilweise sicherheitsrelevante und damit heikle Unterlagen. Die genauen Aufgaben seiner Mitarbeiter kennt nur der jeweilige Abgeordnete.
BR24live-Video: So reagiert die AfD auf die Recherche
Wie werden die Mitarbeiter überprüft?
Die im Deutschen Bundestag geltenden Zugangs- und Sicherheitsvorschriften sind unter anderem Sache des Ältestenrates. Mitarbeiter von Bundestags-Abgeordneten müssen bei Beginn ihres Arbeitsverhältnisses der Bundestagsverwaltung ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Über Einträge wird der Parlamentarier nach Angaben der Bundestagsverwaltung "in Kenntnis gesetzt". Sie unternimmt wegen eines Eintrags im Führungszeugnis zunächst nichts weiter.
Personen, die die Gebäude des Bundestages betreten wollen, brauchen dafür einen Hausausweis. Mitarbeiter mit einem solchen Ausweis erhalten ohne weitere Sicherheitskontrollen Einlass. Bevor sie diesen bekommen, gleichen die zuständigen Stellen im Rahmen einer "Zuverlässigkeitsprüfung" verschiedene Polizei-Datenbanken ab. Seit März 2023 gilt eine neue Regel: Diese Prüfung muss jährlich wiederholt werden.
Fällt ein Mitarbeiter durch diese Prüfung, verwehrt ihm die Verwaltung den Hausausweis bzw. werden bereits erteilte Zutrittsberechtigungen zurückgenommen und bereits ausgestellte Bundestagsausweise gesperrt. Der Mitarbeiter kann einen solchen Ausweis nach einem Jahr erneut beantragen. Die Bundestagsverwaltung gibt an, in der aktuellen Legislaturperiode zwei Beschäftigten von Abgeordneten oder Fraktionen den Bundestagsausweis nicht erteilt oder entzogen zu haben. Weiter äußert sie sich dazu nicht. Den BR-Recherchen zufolge geht es in beiden Fällen um Mitarbeiter von Abgeordneten der AfD.
Je nach Aufgaben und abhängig davon, ob und in welchem Umfang Mitarbeiter Zugang zu vertraulichen oder geheimen Dokumenten erhalten, gibt es zusätzlich ein mehrstufiges Überprüfungsverfahren nach den Regeln des "Sicherheitsüberprüfungsgesetzes" (SÜG). Dabei können Erkenntnisse von Behörden abgefragt oder das persönliche Umfeld des Mitarbeiters durchleuchtet werden.
Welche Organisationen stuft der Verfassungsschutz als rechtsextrem ein?
Der Verfassungsschutz stuft verschiedene Organisationen und Parteien als rechtsextrem ein. Manche davon sind bereits seit Jahrzehnten auf dem Radar des Inlandsgeheimdienstes, zum Beispiel die Partei "Die Heimat", die früher NPD hieß.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) behandelt die AfD als "Verdachtsfall" im Bereich Rechtsextremismus. Das heißt, dass die Beamten derzeit prüfen, ob es genug Anhaltspunkte gibt, um die AfD als rechtsextremistisch einzustufen. Die Verfassungsschützer haben die "Junge Alternative" (JA), die Jugendorganisation der AfD, im Jahr 2023 als gesichert rechtsextrem eingestuft. Zudem werden die Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Partei von den jeweiligen Landesämtern für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
Besonderen Fokus legt das BfV seit einigen Jahren auf die "Neue Rechte". In ihrem Jahresbericht schreibt die Behörde, es handle sich dabei um ein "informelles Netzwerk von Gruppierungen, Einzelpersonen und Organisationen […], in dem nationalkonservative bis rechtsextremistische Kräfte zusammenwirken, um anhand unterschiedlicher Strategien teilweise antiliberale und antidemokratische Positionen in Gesellschaft und Politik durchzusetzen". Hierfür, so das BfV weiter, "werden parlamentarische und außerparlamentarische Bewegungen […] mit Protest- und Demonstrationsinitiativen eng verzahnt".
Zu diesem Netzwerk zählt die Behörde die "Compact Magazin GmbH", "Ein Prozent", die "Identitäre Bewegung Deutschland" und das "Institut für Staatspolitik" (IfS). Diese sind jeweils als "gesichert rechtsextremistische Bestrebungen" eingestuft. Der Verlag "Antaios", der eng mit dem IfS verzahnt ist, ist nach Einschätzung des BfV ein Verdachtsfall und ebenfalls Teil der "Neuen Rechten".
Wie begründet der Verfassungsschutz diese Einstufung?
Rassismus, Antisemitismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – das eint nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern rechtsextremistische Bewegungen. Das BfV schreibt ihnen zu, "dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder Nation über den tatsächlichen Wert eines Menschen entscheide". Zudem stünden sie wegen der Ablehnung zentraler Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in "fundamentalem Widerspruch zum Grundgesetz".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der das BfV untersteht, hat vor diesem Hintergrund mehrfach betont: "Der Rechtsextremismus ist unverändert die größte extremistische Gefahr für die Demokratie in Deutschland."
Zum BR24-Funkstreifzug: Die AfD im Bundestag und ihre rechtsextremen Mitarbeiter
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