Die Vorsitzende der Gaspreiskommission, die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm, hat vor zu großen Erwartungen an die geplante Gaspreisbremse gewarnt. "Wir werden dauerhaft unsere Abhängigkeit von Russland beenden", sagte die Volkswirtschafts-Professorin der Universität Erlangen-Nürnberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). "Der Gaspreis wird also aufgrund der höheren Flüssiggas-Beschaffungspreise trotz einer Gaspreisbremse deutlich höher bleiben als vor dem russischen Überfall auf die Ukraine." Die Kommission könne nicht so tun, als sei nichts gewesen.
Grimm wirbt für eine Gaspreisbremse in Form einer Einmalzahlung.
"Wichtig wird sein, einen hohen Sparanreiz zu erhalten. Bei einer Einmalzahlung wäre das ganz klar der Fall", sagte sie. "Einen viel geringeren Sparanreiz hätte man, würde man den Gaspreis um einen bestimmten Prozentsatz senken." Wenn man den Menschen eine Einmalzahlung zukommen lasse, hätten sie noch viel davon, weniger Gas zu verbrauchen. Zugleich beklagte Grimm den Zeitdruck, dem das Gremium ausgesetzt sei. "Die Entscheidung zur Einberufung eines solchen Gremiums hätte schon vor ein paar Monaten fallen können, die Entwicklung bei den Gaspreisen war schließlich absehbar", sagte sie.
Kommission will am Wochenende Vorschlag unterbreiten
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte jüngst einen "Abwehrschirm" angekündigt, um Verbraucher und Unternehmen wegen der steigenden Energiepreise zu unterstützen. Über eine Gaspreisbremse sollen mindestens für einen Teil des Verbrauchs die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission soll Empfehlungen für die Ausgestaltung der Preisbremse vorlegen. Bei einer Klausur am kommenden Wochenende will die Kommission einen "belastbaren Vorschlag" erarbeiten und der Politik vorlegen.
Leopoldina-Präsident: Mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien
Der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat deutlich mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien sowie beim Ausstieg aus der Kohle gefordert.
Gerald Haug, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, warnte zudem vor dem Ende der sogenannten Grundstoffindustrie, insbesondere der chemischen Industrie in Deutschland, und kritisiert eine "zunehmende Überregulierung" der EU.
"Wir müssen massiv in Erneuerbare investieren. Das war viel zu langsam", sagte der Klimaforscher der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. "Wir sind überall am Aussteigen ohne einzusteigen", stellte der Wissenschaftler fest. "Wenn die Süddächer mit Photovoltaik bedeckt wären, hätten wir schon mal einen Ausbau um den Faktor vier." "Wir müssen den Kohleausstieg forcieren - auch wenn wir jetzt diesen und nächsten Winter etwas mehr brauchen", sagte Haug mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.
"Gaskraftwerke müssen "Wasserstoff-ready" sein".
"Für unsere Klimaziele ist es wichtig, den Kohleausstieg wirklich bis 2030 zu schaffen. Dafür brauchen wir viel mehr Erneuerbare, aber auch mehr Gas- und Wasserstoffkraftwerke." Die Gaskraftwerke müssten "Wasserstoff-ready" sein.
"Ich mache mir große Sorgen, dass wir, wenn wir jetzt nicht handeln, ganze Industriestränge verlieren - gerade in der Grundstoffindustrie", mahnte der Leopoldina-Präsident. "Das würde eine noch viel höhere Abhängigkeit von Asien und vor allem China bedeuten." Die Chemieindustrie etwa komplett aus Deutschland und Europa auszulagern, hielte er für einen "fundamentalen Fehler" - gerade mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2045. Die Überregulierung führe bei der Industrie zu "unglaublichen Unsicherheiten."
Quellen: dpa/afp
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