Als vor knapp 20 Jahren "World of Warcraft" (WoW) auf den Markt kam, berichteten selbst die "Tagesthemen" darüber. Und dieses Game sollte das Medium Computerspiel auf einen Schlag in den Mainstream katapultieren. "World of Warcraft" kam zeitgleich mit dem Internet in deutsche Wohnungen. Und ein Internetzugang war Voraussetzung, um sich in die Fantasy-Welt dieses Spiels stürzen zu können.
- Zum Podcast: 50 Jahre Computerspiele - Pong, Pac-Man und Co
Neue WoW-Welt Azeroth mit Elfen, Zwergen, Menschen, Orks
Er habe seine Mutter damals beknien müssen, damit sie zu Hause Internet bekommen, sagt Matej Samide. So habe er "sowohl diese große, schöne, neue Welt Internet, als auch die große, schöne, neue Welt Azeroth gleichzeitig" erkunden können.
Samide war ein früher "WoW"-Spieler. Heute gibt er Führungen am Computerspielemuseum in Berlin und arbeitet für die Stiftung Digitale Spielekultur. Damals staunte er über die Ausdehnung dieser Spielwelt: "Azeroth als Welt ist erst mal eine relativ generische Fantasiewelt. Es gibt Elfen, es gibt Zwerge, es gibt Menschen, es gibt Orks, es gibt Gnome."
Einsteigerfreundlich, Comic-bunt und gesellig
Die einsteigerfreundliche Steuerung und der Comic-bunte Stil waren für den Erfolg von "WoW" entscheidend. Ohne große Gaming-Fertigkeiten konnte man hier als Ork-Schamane, Nachtelfen-Druidin oder menschlicher Paladin Abenteuer und Gemeinschaft erleben.
Da viele Gegner im Spiel nur gemeinschaftlich zu besiegen waren, organisieren sich die Spielenden seit 20 Jahren in sogenannten "Gilden". Gemeinsam kämpfen sie sich bei "Raids" durch monsterverseuchte Kerker, die "Dungeons", gemeinsam sammeln sie Ressourcen und gemeinsam verbringen sie einfach so den Feierabend.
World of Warcraft: Eines der lukrativsten Spiele aller Zeiten
In seiner Hochzeit habe das Spiel über zwölf Millionen monatliche Abonnenten gehabt und sei zu einem der lukrativsten Spiele aller Zeiten geworden, sagt Jason Schreiner. "Und es löste einen Trend aus, eine wahre Flut von Online-Spielen, die diesen Erfolg in den 2000er- und 2010er-Jahren zu kopieren versuchten." Schreier, renommierter Games-Journalist bei Bloomberg, veröffentlichte jüngst ein Buch, in dem er die Firmengeschichte der Entwicklerfirma hinter "WoW" erzählt: "Play Nice: The Rise, Fall and Future of Blizzard Entertainment".
Darin spielen "WoW" und dessen gewaltiger Erfolg natürlich eine große Rolle. "Blizzard veröffentlicht keine Abo-Zahlen mehr, also wissen wir nicht genau, wie viele Menschen heute noch 'World of Warcraft' spielen. Aber es scheint gut zu laufen und ist offenbar noch immer sehr lukrativ, die wichtigste Einkommensquelle für den Gaming-Riesen Blizzard.
Game, Spielfilm, Graphic Novels und Romane
"WoW" gab es nicht nur als Game, sondern auch als Spielfilm, der allerdings bei der Kritik nicht besonders gut ankam, und zudem kamen unzählige WoW-Romane oder Graphic Novels auf den Markt. "Das Spiel hat außerordentlich viele Menschen dazu angeregt, sogenannte Fan-Fiction zu produzieren. Also eigene Geschichten, die sich um Figuren aus der Spielwelt drehen, zu erfinden, aufzuschreiben und mit anderen Fans zu teilen", sagt André Weßel von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur.
"WoW" habe zudem einen großen Boom im Bereich des Cosplays ausgelöst, sagt Weßel. Es habe viele Menschen inspiriert, sich als ihre Lieblingsheldinnen oder auch Bösewichte zu verkleiden, dafür teilweise auch sehr aufwändige und auch kostspielige Kostüme anzufertigen und sie auf Fan-Treffen oder auch Spielemessen, wie zum Beispiel der Spielemesse Gamescom öffentlich zu tragen.
Auch wenn es heutzutage nicht mehr so einflussreich ist, so hat "WoW" vor 20 Jahren die Entwicklung des Mediums Games in eine neue Richtung gelenkt und popkulturelle Spuren hinterlassen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!