Acht Dimensionen: Wie soll das denn funktionieren? Gleich vorweg: 8D überwindet nicht die Grenzen der Physik. Das D steht in Wahrheit nämlich nicht für Dimensionen, wie es etwa im Kino der Fall ist, sondern für Directions, sprich: die Richtungen, aus denen die Musik kommt. Vollkommen neu ist die Technologie nicht, theoretisch existiert sie schon seit mehreren Jahrzehnten, bevor es 2018 zu einem Hype im Internet kam, als erste Songs in 8D auf YouTube veröffentlicht wurden.
Viel Lärm um nichts?
Sonderlich komplex ist die Technik nicht. Im Kern wird noch immer auf Stereo-Tonspuren gesetzt, die auf dem linken und rechten Ohr zu hören sind. Ein 8D-Audiomix verfügt aber über einen entscheidenden Unterschied: Die Musik wandert im Kopfhörer gewissermaßen um den Kopf herum und kommt somit nicht mehr aus zwei, sondern mehreren Richtungen.
Kritiker wie Amiram Paltin, Fachbereichsleiter Audio Engineering am SAE Institute Köln, können der Technologie aber nicht viel abgewinnen: "Das ist auch ein ziemlicher Quatsch. Also das ist ja eigentlich gar nichts Gutes, außer dass sich das Stereo-File um deinen Kopf rumdreht, quasi so im Kreis, ist es ja gar nichts", sagt er.
3D, 8D, Spatial oder doch Immersive Audio?
Der Erfolg von 8D lässt sich vor allem durch die vorgetäuschte Räumlichkeit des Tons erklären. Was aber bislang weitestgehend außen vor blieb: 8D-Audio ist im Grund nur Teil eines großen Ganzen. "Grundsätzlich ist 8D eigentlich eine kleine Untergruppe von 3D-Audio oder Spatial Audio", erklärt Tom Batoy, Managing Director bei der Münchner Audioproduktionsfirma Giesing Team.
Viele unterschiedliche Namen, die im Endeffekt das Gleiche bedeuten: ein immersives Hörerlebnis. Im Gegensatz zu anderen Soundsystemen, die etwa im Kino zum Einsatz kommen, beschränkt sich 8D aktuell noch auf Kopfhörer, da der Ton sonst verfälscht wiedergegeben wird.
Dass 8D-Audio in naher Zukunft einen Weg in die Lichtspielhäuser finden wird, ist somit eher ausgeschlossen. Im Bereich des Filmmarketings findet das Konzept jedoch bereits seit gut einem halben Jahr ersten Anklang. Batoy kennt den Grund für das gestiegene Interesse: "Alle Trailer klingen irgendwie gleich. Also hat man sich gedacht: Oh, wie können wir die Aufmerksamkeit des Zuhörers noch mehr steigern, um schlicht und ergreifend das Gehirn zu stimulieren? Um zu sagen: Hey, wow, what´s that?" – so zumindest seine These.
Film als Event
Ähnlich wie es die Kinobetreiber schon seit einiger Zeit tun, soll also auch im Marketing die Eventisierung der Filme Einzug halten – bereits vor dem eigentlichen Kinobesuch selbst. Allerdings schwirrt hier der Ton, anders als bei Musikvideos, nicht konstant um den Kopf herum. Tom Batoy veranschaulicht diese Verschiebung anhand eines Filmtrailers exemplarisch: "Es gibt eine Explosion, in einem Trailer, und diese Explosion ziehen wir nicht nur links rechts, sondern wir ziehen sie auch nach hinten, je nachdem, wie das Bild diese Information auch hergibt. Das heißt, wir müssen auch was kreieren, was auch zum Bild passt", hebt er hervor.
Die Audioproduktionsfirmen, die die speziellen 3D-Audio-Trailer mischen, stehen demnach immer wieder vor einer entscheidenden Frage: "Wo dürfen wir geschmackvoll übertreiben, sodass es nicht komisch wirkt?", wie auch Amiram Paltin betont. Dennoch bleibt eines offen: Wenn immer mehr Verleiher in ihrem Marketing auf diese Art von Trailern setzen, wie kann dann der einzelne Film überhaupt noch aus der Masse herausstechen? Klingt dann nicht doch wieder alles gleich?
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