"Biodeutsch" ist Unwort des Jahres 2024. Das hat eine Jury aus Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern im hessischen Marburg bekannt gegeben.
Das Wort werde vor allem in den Sozialen Medien in rassistischer und nationalistischer Weise gebraucht, teilte die Jury der Sprachaktion am Montag in Marburg zur Begründung ihrer Wahl mit. "Die mit dem Gebrauch von biodeutsch einhergehende Unterteilung in angeblich 'echte' Deutsche und in Deutsche zweiter Klasse ist eine Form von Alltagsrassismus", erklärte Jurysprecherin Constanze Spieß. Die Marburger Linguistin wies darauf hin, dass der Begriff aber auch in ironisch-sarkastischer Weise in der migrantischen Community verwendet werde, 1996 habe ihn der Kabarettist Muhsin Omurca erstmals in einem Bühnenprogramm gebraucht. Als "Unwort" kritisiere man ausschließlich den alltagsrassistischen Gebrauch, "um Menschen vor dem Hintergrund vermeintlich biologischer Abstammungskriterien einzuteilen, zu bewerten und zu diskriminieren", so Spieß im BR24-Interview.
"Heizungsverbot" landet auf Platz zwei
Auf Platz zwei wählten die Sprachexperten und -expertinnen das Wort "Heizungsverbot", weil es irreführend und sachlich falsch in der Debatte um Klimaschutz benutzt werde.
Bei der bundesweit viel beachteten Aktion werden seit 1991 nach Auffassung der Fachleute unmenschliche oder unangemessene Begriffe ausgewählt, die gegen das Prinzip der Menschenwürde verstoßen, in irreführender Weise etwas Negatives beschönigen oder diskriminieren. Die Jury will damit insgesamt auf "undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden öffentlichen Sprachgebrauch" aufmerksam machen und Menschen für das Thema sensibilisieren.
Gastjuroren nominieren "importierter Antisemitismus" zum Unwort
Die diesjährigen Gastjuroren, die Publizistin und Politologin Saba-Nur Cheema und Meron Mendel, Publizist, Historiker und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, wählten die Formulierung "importierter Antisemitismus" zu ihrem persönlichen Unwort des Jahres. Der Ausdruck suggeriere, dass Judenhass vor allem mit dem Zuzug von Migrantinnen und Migranten zu einem Problem geworden sei, hieß es in der Begründung. Der Begriff werde vor allem in rechten Kreisen verwendet, um Musliminnen und Muslime sowie Menschen mit Migrationsbiografie auszugrenzen "und vom eigenen Antisemitismus abzulenken", so die Jury.
Laut Jury gingen rund 3.200 Einsendungen für die Unwort-Wahl ein; genannt wurden 655 verschiedene Wörter. Die Entscheidung war dann aber unabhängig von der Zahl der Einsendungen für den Begriff. Die Wettbewerbsjury besteht aus vier Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, einer Journalistin sowie jährlich wechselnden Gastjuroren.
2023 wurde "Remigration" das Unwort des Jahres
2023 wurde der rechte Kampfbegriff "Remigration" zum Unwort des Jahres gekürt. Das Wort werde als beschönigende Tarnvokabel benutzt, hieß es damals zur Begründung. Tatsächlich solle damit eine menschenunwürdige Abschiebepraxis verschleiert werden.
- Zum Artikel "Remigration": Zur Geschichte eines Unworts
Mit Information von KNA und dpa.
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