Haben Sie schon einmal von der Goldbachschen Vermutung gehört? Benannt nach dem preußischen Mathematiker Christian Goldbach, geboren Ende des 17. Jahrhunderts in Königsberg. Bis heute beinhaltet die Vermutung eine unbewiesene Aussage innerhalb der Zahlentheorie und gehört zu den bekanntesten ungelösten Problemen der Mathematik.
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Ein weiblicher Nerd
Die Goldbachsche Vermutung lautet: "Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist die Summe zweier Primzahlen." Primzahlen sind jene Zahlen, die sich nur durch 1 und sich selbst teilen lassen, also 2, 3, 5, 7, 11 und so weiter. Machen wir also eine kleine Pause und Sie dürfen anfangen zu rechnen. Nein, natürlich nicht – wir stellen uns vielmehr die Frage, wie man aus der Goldbachschen Vermutung einen knapp zweistündigen Spielfilm machen kann.
Im Zentrum des Films "Die Gleichung ihres Lebens" steht die Doktorandin Marguerite, ein Genie der Mathematik, aber sonst – entsprechend ihrem filmischen Charakter – erscheint die junge Frau ein bisschen seltsam: Sie schlurft in Hausschuhen durch die Pariser Eliteuniversität ENS. Im Kino sind weibliche Nerds eine Seltenheit.
Das Genie vertut sich
Von ihrem Professor wird Marguerite animiert, die Goldbachsche Vermutung zu lösen. Die junge Frau, die seit drei Jahren an ihrer Dissertation "Arithmetische Folgen in endlichen Mengen ganzer Zahlen" arbeitet, wird dann bei einem Seminar aber auf einen Fehler in ihrer Argumentation hingewiesen. Entwarnung: "Die Gleichung ihres Lebens" ist auch für Menschen, die sich wenig oder gar nicht mit Mathematik beschäftigen, sehenswert. Wann gibt es schon mal eine eher stille Komödie, die tiefe Einblicke in den immer noch sehr männlich orientierten Wissenschaftsbetrieb bietet? Marguerites Doktorvater springt nach der Anhörung ab.
Der Film entwickelt sich auf eine nicht uninteressante Art und Weise vorhersehbar: Die frustrierte Marguerite tritt erstmal zurück von ihrer Doktorarbeit und nimmt sich eine Auszeit. Sie siedelt um in das 13. Pariser Arrondissement, ein multikulturelles Viertel, in Teilen auch das Chinatown der Stadt – ein ungemein quirliges Quartier. Die Ex-Doktorandin schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, hat eine flirtlustige WG-Mitbewohnerin und fängt überhaupt an, das Leben in all seinen Möglichkeiten zu entdecken.
Regisseurin Anna Novion erzählt das mit der Kamera immer nahe an ihrer großartigen Hauptdarstellerin Ella Rumpf. Sie weiß die Geschichte auch immer wieder so zu wenden, dass man als Zuschauer überrascht wird, etwa wenn Marguerite in ihrem Viertel plötzlich zur Mahjong-Königin aufsteigt. Ihr rechnerisches Talent hilft. Fazit: Es geht auch nicht ohne ein Happy End in diesem Film – ob die Goldbachsche Vermutung gelöst wird, sei hier nicht verraten.
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