Hossa, möchte man laut in den Kinosaal rufen, wenn dieser Film so richtig abhebt. Kathedralen schweben durchs Weltall und Sternenkriegerinnen fechten mit Lichtschwertern in französischen Vorgärten. Es ist, als wären Mel Brooks und George Lucas zu einem vom Existenzialismus angehauchten Filmemacher namens Bruno Dumont verschmolzen, hätten in aberwitziger Manier Ernsthaftigkeit und Verballhornung des Science-Fiction-Kinos in ein einziges Werk gepackt, hätten es "Das Imperium" genannt, damit einen eigentlich unmöglichen Hybrid aus "Star Wars"-Geraune und Weltall-Klamauk à la Spaceballs geschaffen, und dann dem Ganzen noch einen philosophischen Überbau verpasst.
Der abgefahrenste Film des Kinojahres
"Der Film erzählt von einer Invasion", sagt Regisseur Bruno Dumont, "es gibt zwei ferne intergalaktische Reiche, das Reich des Guten und das Reich des Bösen. Sie entscheiden, die Erde zu erobern, menschliche Seelen zu besetzen und dort den Kampf um Sieg oder Niederlage auszutragen."
"Das Imperium" ist der abgefahrenste Film dieses Kinojahres. Dumont lässt den intergalaktischen Showdown in einem Fischerdorf an der französischen Atlantikküste stattfinden. Barock kämpft gegen Gotik. Die Bösen schweben in einem parkumsäumten Schloss à la Versailles aus dem All herunter – und die Guten landen auf einem Kartoffelacker mit einer hohen Kathedrale, der eine gewaltige Raketenbrennstufe angepappt wurde.
Ein einfacher Bauer ist der Anführer der Bösen auf Erden, ein grober Klotz, der mit seinen Mannen auf plumpen Ackergäulen durch die Dünen reitet, um die etwas feiner agierende Jane auf der Seite der Guten auszuspionieren. So kreuzen sich Landleben und universales Drama, französisches Autorenkino und Louis-de-Funes-Humor: Es gibt zwei doofe Dorfpolizisten, aber eben auch Diskurse über das Irdische und das Spirituelle, gepaart dann mit menschlicher Fleischeslust. Dazu Schlaglichter auf politische Phänomene, die uns alle umtreiben – ein hintergründiger, fröhlicher Leinwand-Clash von allzu Menschlichem und Endzeitgefühlen.
Ein mutiges Experiment
Mit dem Kunstgriff des intergalaktischen Raums hält uns Bruno Dumont in "Das Imperium" den Spiegel vor: Ein mutiges Experiment, denn manche mögen sich an der konsequent durchgehaltenen "Star Wars"-haftigkeit des Films stören – und die Science-Fiction-Fans werden an der immer wieder intellektuellen Überhöhung verzweifeln. Was denn nun?
"Das Böse ist immer aktiv, das Gute auch", sagt Bruno Dumont, "das Böse war nie wirklich weg, man muss immer auf der Hut sein. Die Apokalypse ist real, sie ist möglich. Das spüren wir alle. Nicht umsonst häufen sich international derzeit die Konflikte. Wir sprechen vom Atomkrieg, vom Ende, das ist real."
Wir seien Wesen, die für den Anfang und das Ende der Zeit gemacht seien, philosophiert Dumont, wir trügen das Ende im Sinne der eigenen Vergänglichkeit in uns, deshalb sähen wir es auch gerne überall.
Vergnüglich inszeniert ist das trotzdem. Die Schauspieler sind hervorragend, die Beobachtungen des realen Dorflebens atmosphärisch präzise, die Witze krude – und wenn am Ende eine Raumschiffarmada auf dem Atlantikstrand landet, sind Erinnerungen an den D-Day 1944 in der Normandie durchaus beabsichtigt. Dumont hinterfragt, was uns als Menschen antreibt. Ja, was nur? Hossa!
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