Der Galerist Johann König
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Galerist Johann König geht gegen Autor Christoph Peters vor

Galerist Johann König geht gegen Autor Christoph Peters vor

Der Berliner Galerist Johann König und seine Frau fühlen sich durch Christoph Peters' neues Buch "Innerstädtischer Tod" in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Nun klagen sie dagegen. Und werfen damit die Frage auf: Was darf die Kunst?

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

"Dieses Buch ist ein Roman. Als literarisches Werk knüpft es in vielen Passagen an reales Geschehen und an Personen der Zeitgeschichte an." So heißt es in Christoph Peters Buch "Innerstädtischer Tod" noch bevor der eigentliche Roman beginnt.

Im Roman selbst geht es dann um den Galeristen Konrad Raspe, er ist äußerst erfolgreich – bis eine Zeitung folgende Schlagzeile bringt: "Seine Hände waren überall! Mehrere Frauen werfen dem bekannten Berliner Galeristen Konrad Raspe Machtmissbrauch und Belästigung vor."

Was ist Realität, was Fiktion?

Der fiktive Vorgang erinnert an das, was dem echten Galeristen Johann König vor drei Jahren passiert ist. "Die Zeit" hatte damals mehrere Zeuginnen gesprochen, die König sexuell problematisches Verhalten vorwarfen (externer Link). König klagte gegen die Berichterstattung und bekam zumindest in Teilen recht. Und das ist nicht die einzige Passage, in der – nach Ansicht von Königs Anwälten – ihr Mandant kenntlich wird. Da ist zum Beispiel auch das Gebäude, in dem der fiktive Galerist Konrad Raspe seine Galerie betreibt. Wie bei König: eine Kirche. Der Unterschied zur Wirklichkeit: Die reale Kirche ist im brutalistischen Stil erbaut. Dazu Rainer Dresen, der Justiziar des Luchterhand-Verlags: "In unserem Buch ist es eine Kirche aus der wilhelminischen Zeit, die ist 100 Jahre älter, die hat eine ganz andere Deckenkonstruktion, eine Kassettendecke. Es gibt ganz viele Änderungen."

Bei dem Schritt, die Galerie in eine Kirche zu verlegen, sei es darum gegangen, den Bedeutungsverlust der Kirche zu symbolisieren. "Das ist das Motiv unseres Autors, nicht einen real existierenden Galeristen bloßzustellen." König sieht das anders, und findet sich in weiteren Merkmalen wie etwa seinem Kleidungsstil erkennbar. Deswegen hat er über seine Anwälte einen Antrag auf einstige Verfügung gegen den Roman eingereicht. Dem Luchterhand Literaturverlag, wo "Innerstädtischer Tod" erschienen ist, soll untersagt werden, den Roman weiterzuverbreiten.

Der Fall "Esra"

Beispiellos ist dieser Vorgang nicht. Im Gegenteil. Er erinnert stark an einen Fall aus den frühen 2000ern. Damals wurde die Veröffentlichung von Maxim Billers Roman "Esra" gestoppt, weil sich die ehemalige Lebensgefährtin des Schriftstellers und deren Mutter juristisch erfolgreich gegen die Darstellungen in dem Buch gewehrt hatten.

Dresen bestreitet allerdings, dass die beiden Bücher vergleichbar sind. "Esra" sei ein wirklicher Ausnahmefall gewesen. Denn der Ich-Erzähler sei dem Autor sehr ähnlich gewesen und auch dessen Freundin habe große Ähnlichkeiten gehabt mit der realen Freundin des Ich-Erzählers, sagt der Justiziar von Luchterhand, Rainer Dresen. "Da war zum Beispiel eine Verortung der Freundin, da wurde im Buch darüber informiert, dass sie die erste türkischstämmige Trägerin des Bundesfilmpreises ist – es gibt genau eine, die die erste Trägerin ist." Anders als bei "Innerstädtischer Tod" – seien die realen Personen also sehr klar zu erkennen gewesen. Das Gericht stellte damals deshalb den Persönlichkeitsschutz über die Kunstfreiheit.

Was darf Literatur?

In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch der Fall König vs. Peters. Seine Klärung dürfte allerdings länger dauern, meint Dresen. "Egal wer jetzt in der ersten Instanz obsiegen oder unterliegen wird, es wird weitergehen müssen, weil keine Seite mit einem vorübergehenden Ergebnis jetzt leben wird. Das wird früher oder später beim Verfassungsgericht landen." Am Ende wird es nicht nur um die Frage gehen, ob das Buch von Christoph Peters verboten wird oder nicht, sagt der Justiziar Rainer Dresen. Zur Debatte steht etwas Grundsätzlicheres: "Wo stehen wir eigentlich, was darf Literatur, was will Kunst und Kulturpolitik."

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