Auf der Computerspielmesse Gamescom in Köln war der BND mit einem eigenen Stand vertreten.
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Auf der Computerspielmesse Gamescom im August 2024 in Köln war der BND mit einem eigenen Stand vertreten.

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"Job Secret": Der BND geht unter die Podcaster

"Job Secret": Der BND geht unter die Podcaster

Vor einem Jahr hat der Bundesnachrichtendienst ein Rebranding vorgenommen: neues Logo, neue Farben, neuer Instagramkanal. Und jetzt gibt es einen eigenen Podcast. Das Problem: Wie erzählt man Geschichten aus einem Umfeld, in dem alles geheim ist?

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Mythen brauchen Mysterien. Insofern ist es nicht überraschend, dass Geheimdienste sowas wie Durchlauferhitzer der Fiktion sind. Das zeigt nicht nur die Flut an Spionageromanen und -filmen – das beweist auch die erstaunliche Anzahl von Geschichtenerzählern, die ihre Agententätigkeit in Romanstoff verwandelt haben. John le Carré etwa, Ian Fleming oder Graham Greene.

Dass sich ein Geheimdienst selbst am Geschichtenerzählen versucht, ist allerdings ein Phänomen eher jüngeren Datums. Vorgemacht hat es – natürlich – die CIA. "The Langley Files" heißt der Podcast des sagenumwobenen amerikanischen Auslandsgeheimdienst. Gut zwei Jahre später zieht jetzt der Bundesnachrichtendienst nach.

Von "nie gewährten Einblicken" und "geschlossenen Türen"

"Job Secret" heißt also der erste offizielle Podcast des deutschen Auslandsnachrichtendiensts. Der Titel ist nicht unlustig. Und das Versprechen hat auch was. Storytelling by BND. Wahre Geschichten von echten Mitarbeitenden kündigt der Teaser an. Von "nie gewährten Einblicken" ist die Rede, von "geschlossenen Türen", die der Podcast öffne.

Konkret läuft das dann so: Pro Folge steht eine mehr oder weniger enigmatisch benamte Person im Fokus: "Die Islamwissenschaftlerin" heißt es da, oder "Der Hacker", manchmal aber auch nur "Der Experte" oder "Der Profi". Letzterer berichtet, wie er vor 36 Jahren vom BND angeworben wurde – als damals frisch gebackener Jurist. Einen Brief habe er bekommen. Der Absender privat. "Und dahinter verbarg sich dann, wie ich anschließend erfuhr, der Bundesnachrichtendienst."

Storytelling ohne Stories

Daraus ließe sich schon etwas machen. Wenn man nur ein bisschen erzählen könnte. Und hier wird das Dilemma des Ganzen sichtbar: Denn genau das kann der BND nicht. Oder nur eingeschränkt. Das, nennen wir es mal, erzählerische Experiment, das der BND in bislang fünf Folgen entfaltet, könnte man auch als Storytelling ohne Stories beschreiben. Denn die sind ja geheim. Entweder bleiben die Geschichten wahnsinnig abstrakt – oder sie werden gepiept, was dem Podcast mitunter auch eine humoristische Note verleiht.

Also: Warum das alles?

Anruf bei Martin Heinemann in Berlin, seit 12 Jahren Pressesprecher des Bundesnachrichtendiensts und als solcher mitverantwortlich für die großangelegte Marketingkampagne, die das Haus seit einem knappen Jahr fährt. Auch beim BND fordert die Demografie ihren Preis, erklärt Heinemann. Die Boomer gehen in Rente. "Trotzdem müssen wir natürlich unser Nachwuchsproblem lösen. Und das machen wir, indem wir offensiv werben und nicht nur warten, bis man sich bei uns meldet."

Eigen-PR macht der BND längst auch auf Instagram. "Komm dahinter", balzt er dort verschwörerisch. Gelbe Schrift auf lila Grund. Könnte auch eine Jugendorganisation der Liberalen sein. Anders als die Bundeswehr mit ihrer Komm-ins-Abenteuerland-Rhetorik bespielt der BND eher die postheroische Klaviatur.

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Mit einer neuen Kampagne sucht der BND Mitarbeiter - wie hier an einem Stand auf der Computerspielmesse Gamescom im August 2024.

"Wir suchen Terroristen (m/w/d)", verkündet eine aktuelle Plakatkampagne. Und das Ironische, Spielerische kommt offenbar an. Rund 2.000 Bewerbungen sind beim BND in den ersten Wochen der Kampagne eingegangen, erzählt Heinemann. "Und ich finde, das ist eine Kennzahl, die man rein für sich schon als kleinen Erfolg bezeichnen kann."

Das Erzählversprechen scheitert, interessant ist er trotzdem

Ob der BND mit seinen Audios ähnlich erfolgreich sein wird? Im Vergleich zu den grellen Tönen, die er auf Instagram anschlägt, nimmt sich der Podcast auf jeden Fall eher leise aus. Das Erzählversprechen scheitert, interessant ist er trotzdem. "Job Secret" lebt – könnte man sagen – von Beiläufigkeiten, die mit den Geschichten direkt gar nichts zu tun haben. Der Stimme oder dem Dialekt der Erzählerinnen zum Beispiel. Den Floskeln, die sie verwenden. Manchmal auch der Biederkeit, die sich im Blick auf die eigene Arbeit mitteilt.

Eine Mitarbeiterin berichtet etwa davon, wie sie die Anschläge des 11. September erlebt habe – im Büro ihres "Referatsleiters". Ihr erster Gedanke: "Bitte, lieber Gott, lass es nicht Osama Bin Laden sein! Weil wir wussten: Wenn es Al-Qaida ist, dann werden wir in nächster Zeit kein Privatleben mehr haben."

Nun ist die Arbeitsbelastung in einem Nachrichtendienst sicher nicht zu unterschätzen. Angesichts der Tragweite der Anschläge mutete diese Selbstauskunft aber doch arg privatistisch an. Eine übertriebene Selbstheroisierung kann man dem BND nach dem Hören jedenfalls nicht unterstellen. Die gleichermaßen ernüchternde wie beruhigende Botschaft dieses Podcasts lautet: Hier spricht eine Behörde.

Zwei Mitarbeiter des BND auf der Gamescom 2024.
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Der Bundesnachrichtendienst macht lautstark PR. Warum - das erklärt Pressesprecher Martin Heinemann im BR-Interview.

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