Masha Gessen, Publizistin aus den USA, kommt zur Übergabe des Hannah-Arendt-Preises in den Veranstaltungsraum F61.
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Übergabe des Hannah-Arendt-Preises in Bremen

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Hannah-Arendt-Preis trotz Kritik an Masha Gessen übergeben

Äußerungen der Autorin Masha Gessen zum Krieg in Gaza und Israel hatten hitzige Debatten entfacht: Nun hat Gessen dennoch den Hannah-Arendt-Preis erhalten - trotz des Rückzugs der Stadt Bremen und der Heinrich-Böll-Stiftung von der Preisverleihung.

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Die Feier zur umstrittenen Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an Masha Gessen fand nur im kleinen Rahmen statt. Statt im großen Saal des Bremer Rathauses drängten sich am Samstag gut 50 Gäste in einen kleinen Veranstaltungsraum im Steintorviertel, wohin der Trägerverein nach dem Rückzug der Heinrich-Böll-Stiftung und des Bremer Senats ausgewichen war. Viele der Gäste mussten in dem engen Raum stehen, vor der Tür sicherten Polizisten die Veranstaltung ab.

Den bereits zuvor gewechselten Veranstaltungsort hatten die Verantwortlichen am Samstagmorgen noch einmal kurzfristig verlegt - aus Sicherheitsgründen, wie es vom Veranstalter hieß.

Der Trägerverein des Preises zeigte sich am Ende dennoch zufrieden. "Es war eine sehr dichte Veranstaltung im kleinen Format, bei der wir alle froh sind, dass sie stattgefunden hat", sagte Eva Senghaas vom Vereinsvorstand gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Es sei eine "sehr fruchtbare Form des Dialogs" gewesen, die gezeigt habe, "dass man sich über strittige Fragen und Einschätzungen auf eine gute Weise auseinandersetzen kann".

Böll-Stiftung verteidigt Rückzug nach Gessen-Äußerung

Die ursprünglich für Freitag im Rathaus geplante Veranstaltung war nach Kritik an Äußerungen Gessens abgesagt worden. Zuvor hatten sich die Heinrich-Böll-Stiftung und der Bremer Senat von der Preisverleihung zurückgezogen. Gessen, 1967 in Moskau geboren, schreibt über politische Strömungen und Konflikte in der US-amerikanischen und der russischen Gesellschaft. Kritisiert werden Äußerungen in einem Artikel im US-amerikanischen Magazin "The New Yorker", mit denen die Publizistin die Situation in Gaza mit den jüdischen Ghettos im besetzten Europa verglichen haben soll.

"Diese Aussage ist für uns nicht akzeptabel und wir weisen sie zurück", hieß es bei der den Grünen nahestehenden Böll-Stiftung. Die Absage des Festaktes im Rathaus sei daher angemessen gewesen.

Die Entscheidung der Jury für Gessen als Preisträgerin war bereits im Frühsommer gefallen. Ausschlaggebend sei Gessens journalistisches Engagement für die Berichterstattung über Russland gewesen, hieß es damals. "Wir können also nur noch die Preisvergabe, diesen feierlichen Rahmen absagen", hieß es nun bei der Böll-Stiftung. "Wir können nicht die Preisvergabe rückabwickeln."

Hannah-Arendt-Preis wird seit 1994 vergeben

Der Trägerverein hatte das Festhalten an der Ehrung dagegen verteidigt und einen anderen Veranstaltungsort gesucht. Es sei bemerkenswert, dass ein öffentlicher Streit um das Verstehen des Konflikts verhindert und Gessen boykottiert werde, hieß es dort. Dabei sei die in New York lebende Gessen darum bemüht, "Kenntnis, Einsicht und ein scharfes Denkvermögen in diesen Streit einzubringen".

Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken wurde 1994 gestiftet. Damit werden Menschen geehrt, die in der Tradition der jüdischen deutsch-US-amerikanischen Theoretikerin zu öffentlichem politischem Denken und Handeln beitragen. Das Preisgeld von 10.000 Euro wird von der Böll-Stiftung und der Stadt Bremen gestiftet.

Mit Informationen von dpa.

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