Die chirurgische Belegstation eines Schweizer Krankenhauses, Spätdienst. In den kommenden 92 Minuten beobachten wir die junge Pflegefachkraft Floria an ihrem Arbeitsplatz: Spritzen aufziehend, Infusionen vorbereitend, Patienten beruhigend - und für jede und für jeden immer die passenden Worte finden.
Leonie Benesch spielt die Floria nicht, sie verkörpert sie. Eine Pflegehochleistungssportlerin, die auf der chronisch unterbesetzten Station versucht, den Laden am Laufen zu halten - Hier ein Lächeln, dort eine geduldige Miene, hin und her zwischen dem Stationszimmer mit den Medikamenten und den Räumen mit den Patienten, immer das Telefon unterm Kinn.
Immer professionell bleiben
Mit großer Contenance steuert Floria durch diesen stressigen Alltag, lässt nie - auch in noch so enervierenden Momenten - Überforderung, Ungeduld oder Wut hochbrodeln. Diese junge Frau agiert stets höchst professionell. Fehler sind hier nicht erlaubt, auch nicht unter Druck. Leonie Benesch hat sich akribisch auf diese Rolle vorbereitet, ist tagelang mitgelaufen im Dienst der Pflegenden, hat Arbeitsabläufe studiert und erlernt. Der Titel "Heldin" ist nicht übertrieben, er wird der Sisyphos-Aufgabe der Protagonistin gerecht.
Ernüchternde Zahlen im Abspann
Fast dokumentarisch ist das alles inszeniert, unterstützt von der grandiosen Handkameraarbeit der vielfach preisgekrönten deutschen Kamerafrau Judith Kaufmann und dem kongenialen Schnitt von Hansjörg Weissbrich. Lang durchdachte Plansequenzen, klug gewählte Lichtgestaltungen und der Verzicht auf unnötigen dramaturgischen Thrill machen diesen Film so nahbar, dass man sich als Zuschauer darin findet und beschämt erkennt.
Am Ende der anstrengenden Spätschicht sieht man die abgekämpfte Floria an ihrem Spind im Keller der Klinik, sie stellt die abgetragenen Turnschuhe hinein, schließt ab, verlässt die Klinik und fährt mit dem Bus nach Hause, während ihr Blick durch die beschlagenen Fenster geht. Ende. Und dann: alles auf Anfang. In den Abspann hat Regisseurin Petra Volpe ernüchternde Zahlen gestellt: Personalnotstand – und immer mehr Pflegekräfte steigen in den ersten vier Jahren ihres Berufslebens aus. Ein Porträt einer Heldin des Alltags, das nachdenklich macht, berührt und auch gut im Wettbewerb der Berlinale aufgehoben gewesen wäre. Absolut sehenswert!
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