Der Bass lässt die Boxen vibrieren, das Mikrofon klebt förmlich am Mund, die Hose des Künstlers hängt tief: Eine Bühne in Bayreuth an einem Novembersamstag. Beim sogenannten Beatbox-Battle treten acht internationale Stars der Szene auf, die mit Mund, Nase und Rachen vor allem Schlaginstrumente imitieren. Unter den Mundakrobaten sind nicht nur Weltmeister der Szene. Bei der Veranstaltung auf der Kulturbühne Reichshof können in einem Workshop auch Anfänger von Trainern lernen.
Bassiger Ton mit dem Mund: Coach erklärt den "Lip Roll"
Sie geben etwa Tipps, wie man das Mikro richtig hält. Dabei ist auch Familie Adler mit dem zehnjährigen Sohn Jonathan. Als Coach bietet Ivory Parker Workshops für Beatboxen an und erklärt Jonathan und seinem Vater die Technik, die sich "Lip Roll" nennt. Dabei erzeugt man einen tiefen bassigen Ton mit den Lippen: "Den macht man, indem man die Lippen locker lässt und einatmet, dass die Lippen schlagen können. Somit entsteht ein Subbass." Wenn das auf einer großen Anlage gemacht werde, vibriere der ganze Raum, erklärt Parker.
Seit gerade mal einem Jahr betreibt Jonathan die besondere Mundakrobatik. Seine Mutter Annika hatte einst den Anstoß gegeben. "Irgendwann hat meine Mama mir ein Video gezeigt von einem Team aus Frankreich. Da dachte ich: Cool! Das will ich auch machen", erzählt Jonathan. Er habe immer weiter gemacht und nicht aufgehört zu üben. Inzwischen hört Annika Adler ihren Sohn ständig und überall Beatboxen: unter der Dusche, beim Hausaufgabenmachen und im Bett vor dem Schlafengehen.
Beatboxen: "Streben nach Perfektion dauert ein Leben lang"
Die Anforderungen für die Kunstform sind gering. Man braucht kein Instrument und keinen Probenraum. Üben kann man praktisch ständig und überall. "In der Theorie könntest du wahrscheinlich nach fünf bis 15 Minuten schon einen Beat schon erzeugen, das geht ganz easy", erklärt Coach Parker. Danach gehe es um Perfektion. "Welche Töne möchte ich mit einbauen? Welche komplexen Rhythmen möchte ich machen?" Nach einem Jahr sei man zwar vielleicht schon bereit für eine Meisterschaft. Aber das "Streben nach Perfektion dauert ein Leben lang".
Wenige Frauen beim Beatboxen
Entstanden ist Beatboxen aus dem Hiphop – gilt aber inzwischen als eigene Kunstform mit ganz unterschiedlichen musikalischen Einflüssen. Statt Melodien zu singen, wollen die Künstler ihre Rhythmen und Ton-Effekte performen. Am Ende geht es darum, sein Können auf der Bühne zu zeigen und sich mit anderen zu messen. "Es ist einfach ein gutes Gefühl, wenn man andere sieht, wie sie auf der Bühne stehen", sagt der zehnjährige Jonathan.
Die Anderen – das sind meistens Männer, das fällt auch in Bayreuth auf. Die Besucherin Viktoria Schellauf stört sich aber nicht daran. Denn sie weiß, dass es auch viele weibliche Beatboxerinnen gibt, "die wirklich toll sind". Beim Beatbox-Battle in Bayreuth waren sie diesmal noch nicht dabei.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!