Vom Lagerfeuer der Urmenschen bis zum sprechenden Kühlschrank hat sich in Punkto Küchenarchitektur einiges getan. Einer der großen Meilensteine war die Erfindung der Einbauküche. Im Zuge der Industrialisierung wuchsen in Europa die Städte rasant an, es kam zur Wohnungsnot. In diesem Zusammenhang seien auch die sozialen Wohnungsbauprogramme entstanden, sagt Josef Strasser von der Neuen Sammlung, dem Design-Museum in der Pinakothek der Moderne in München. "Und die große Reform war dann, dass man versucht hat, für möglichst viele Leute preiswerten Wohnraum zu schaffen. Dass dieser Wohnraum beengt war, liegt auf der Hand."
Meilenstein Einbauküche
Eines der größten Wohnungsbauprogramme für Arbeiter wurde in Frankfurt realisiert. Die junge österreichische Architektin Margarethe Schütte-Lihotzky erhielt den Auftrag, dafür preiswerte und möglichst kleine Küchen zu entwickeln. Das Ergebnis ging in die Geschichte ein: Die sogenannte "Frankfurter Küche" von 1926 wurde zur Mutter aller Einbauküchen.
Ähnliche Bestrebungen hätte es aber auch schon im 19. Jahrhundert gegeben, so Josef Strasser. "Ganz wichtig sind da die USA, auch die Frauenbewegungen." Die große Frage sei gewesen, wie man das Leben einfacher gestalten, rationaler organisieren könne. "Es gab ja den Taylorismus, die Rationalisierung in der Industrie und man versuchte, das aufs Wohnen, aufs Private zu übertragen: Wie organisiere ich Arbeitsabläufe?"
Gerade einmal 6,5 Quadratmeter Grundfläche hatte die Frankfurter Küche, als Vorbild dienten Schütte-Lihotzky die Speisewagenküchen der Eisenbahn. Schränke, Herd, Arbeitsflächen und Spüle waren an den Wänden angeordnet, die Mitte blieb frei bzw. dort stand die Hausfrau und konnte mit wenigen Handgriffen rundum agieren.
Einfach Handgriffe für die Hausfrau
Schütte-Lihotzky hatte die Bewegungsabläufe der Hausfrau genau analysiert. In ihrer Küche konnten nun beispielsweise Küchenabfälle mit einer einzigen Wischbewegung von der Arbeitsfläche direkt in eine Abfallrinne gewischt werden, war sie voll, konnte man sie wie eine Schublade herausziehen und entleeren. Oder das Bügelbrett: Es wurde mit einem Griff von der Wand heruntergeklappt und mit der Brettspitze auf den gegenüberliegenden Spülschrank aufgesetzt, es hatte also weder störende Füße, noch musste man es umständlich umhertragen.
"Wie mache ich das beispielsweise beim Spülen," erklärt Josef Strasser, "dass ich nicht die Hände übergreifen muss? Ich habe die linke Hand, mit der halte ich das Geschirr. Mit der rechten spüle ich und ich lege es dann auch wider auf der linken Seite ab und nicht auf der rechten Seite." Margarethe Schütte-Lihotzky habe auch ein Abtropfgestell erdacht, um sich das Abtrocknen zu ersparen.
Erfolg trotz Kritik
Doch es gab auch Kritik: Sonntags dürften die Kinder aus der Nachbarschaft Puppenküche darin spielen, witzelte man. Die Idee Einbauküche setzte sich in Stadtwohnungen trotzdem durch. Parallel wuchs ab den 50ern auch die Zahl der elektronischen Geräte in den Küchen: Toaster, Eierkocher, Rührgerät, Brotschneidemaschine, Waffeleisen, Mikrowelle: Die Küche wurde nach und nach zum Maschinenpark.
Das Leben der Hausfrau wurde in mancherlei Hinsicht tatsächlich einfacher. Wäre da nicht dieses eine Problem gewesen: "Man will das Beste", so Josef Strasser, "Rationalisierung, Arbeit sparen, Kräfte sparen, so dass die Frau Zeit gewinnt für andere Tätigkeiten und was passiert: Isolierung."
"Hausfrauenknast" nannte man diese Kleinstküchen immer häufiger. Die Frauen wurden an den Rand der Wohnung gedrängt und vom Esszimmer und dem Rest der Familie getrennt. Deshalb sieht das Ideal einer Küche heute wieder ganz anders aus.
Die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne zeigt diese Weiterentwicklungen, beispielsweise die farbenfrohe Eschebach K21 aus der DDR oder die heute noch immer beliebte Idee der Kochinsel von Herbert H. Schultes aus den 80ern. Ergänzt wird die Schau um elektrische Haushaltsgeräte von den 50er Jahren bis heute.
Die Ausstellung "Kitchen Culture. Von der ersten Einbauküche bis zur individuell konfigurierten Küche" ist dauerhaft in der Neuen Sammlung der Pinakothek der Moderne zu sehen.
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