Wenn am Freitagabend die Mondsichel am Himmel erscheint, beginnt der muslimische Fastenmonat Ramadan. Für Musliminnen und Muslime bedeutet das: Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken verzichten – und sich am Abend auf das Fastenbrechen – das Iftar – freuen.
Foodblogger inspirieren das Fastenbrechen
Längst hat die Foodblogger-Szene den Ramadan für sich entdeckt. Plattformen wie Instagram und YouTube sind voll von Rezeptideen für das Iftar. Influencerinnen und Influencer zeigen in kurzen Videos, wie sie ihre Tafeln vorbereiten – von klassischen Gerichten bis hin zu modernen Fusion-Kreationen. Beliebte Accounts bieten ihren Followern eine breite Palette an Rezepten, von traditionellen arabischen Speisen bis zu internationalen Varianten.
Die Islamwissenschaftlerin Melisa Muminovic von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen stellt fest, dass sich die Traditionen im Ramadan durch Social Media verändern. Während auf Instagram viele Influencerinnen ihre Iftar-Rezepte präsentieren, gibt es auf Facebook-Gruppen, in denen Mitglieder täglich teilen, was sie gekocht haben oder für den nächsten Tag planen. Diese Plattformen fördern den Austausch und beeinflussen, wie gekocht wird.
Kulinarische Vielfalt am Iftar-Tisch
Für viele Musliminnen und Muslime bedeutet das Fastenbrechen nicht mehr nur die Rückbesinnung auf klassische Familienrezepte. Muminovic selbst, die bosnische Wurzeln hat, erzählt, dass sie für ihr eigenes Iftar gerne über den Tellerrand hinausschaut: Bei ihr stehen auch japanische oder koreanische Gerichte auf dem Speiseplan. Es sei bereichernd, verschiedene kulinarische Traditionen zu integrieren, sagt sie. Das gemeinsame Essen solle schließlich auch ein Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen schaffen.
Auch die Rosenheimer Foodbloggerin Nermin Kapisiz nutzt den Ramadan als Gelegenheit zur Reflexion. Die zweifache Mutter beobachtet, dass der Fastenmonat sie immer wieder daran erinnert, wie sehr die moderne Gesellschaft im Überfluss lebt.
Deshalb setzt sie privat oft auf einfache, aber nahrhafte Mahlzeiten. Eine warme Suppe, etwas Salat und ein schlichtes Hauptgericht wie Fisch oder Nudeln – mehr brauche es nicht, wenn sie allein zu Hause ist. Doch für ihre Community auf Instagram teilt sie dennoch besondere Rezepte – von selbstgemachtem Fladenbrot bis zu Dattelpralinen.
Süßigkeiten-Boom in der Ramadan-Zeit
Ein anderer Blick auf den Ramadan zeigt sich in der Münchner Konditorei Nawa in der Landwehrstraße, unweit des Hauptbahnhofs. Hier türmen sich Berge von Baklava, Sahnetorten und anderen süßen Köstlichkeiten. Besitzer Mohammed Leith bestätigt: Der Ramadan sei die wichtigste Zeit des Jahres für sein Geschäft. Viele Kundinnen und Kunden würden täglich frische Desserts für das Fastenbrechen kaufen. Ähnlich wie Weihnachten für christliche Bäckereien sorgt der Fastenmonat hier für Hochbetrieb. Während Leith selbst beim Fastenbrechen eher Suppe und Salat bevorzugt, weiß er, dass viele auf ein süßes Highlight zum Abschluss des Tages nicht verzichten möchten.
Ramadan als Zeit der Besinnung
Neben dem kulinarischen Aspekt geht es im Ramadan auch um spirituelle Besinnung. Islamwissenschaftlerin Muminovic beschreibt den Monat als eine Zeit der Barmherzigkeit und Vergebung, vergleichbar mit der christlichen Fastenzeit. Viele Musliminnen und Muslime nutzen die Gelegenheit, um über vergangene Fehler nachzudenken und schlechte Gewohnheiten abzulegen.
Dabei gehe es nicht nur darum, auf Nahrung zu verzichten, sondern auch, den eigenen Konsum zu hinterfragen. In einer hektischen, konsumorientierten Welt könne der Ramadan als Chance gesehen werden, sich neu zu orientieren und zu erkennen, wie wenig tatsächlich zum Leben notwendig ist.
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