Normal scheint nichts zu sein bei den halben Drillingen Paul, Ludwig und Barbie. "Halbe Drillinge"? Ganz genau, denn die drei sind für immer und ewig miteinander verbunden - durch Vater Gerd und seine unfreiwillig-perfekt getimten Verhütungspanne mit drei verschiedenen Frauen. So sind die 'halben Drillinge' nicht nur am selben Tag geboren, sondern auch durch ihre Familienneurosen untrennbar miteinander verwoben.
Die halben Drillinge
Paul ist König im Prokrastinieren, am besten ist er im Nichts-Tun. Jeden Tag nimmt er sich vor, sein Leben zu verändern, aber meistens funkt ihm etwas dazwischen. Ob es die aufkeimenden Gefühle für seine Ex-Freundin Berthe sind, die plötzlichen Best-Buddy-Avancen von Berthes neuem Lover Jan oder einfach eine neue Episode seiner Lieblingsserie, die er dringend streamen muss - Paul hat immer eine Ausrede parat. Und wer sich bei seinen Aussagen ertappt fühlt, der befindet sich sicher in guter Gesellschaft: "Wenn ich eins gelernt hab, dann dem Algorithmus zu vertrauen und das Erstbeste zu klicken", so Paul, Hauptfigur in der Serie "Friedefeld"
Schauspieler David Kross leiht Paul seine Stimme und war von Anfang an begeistert, erkennt sich selbst in manchem wieder: "Viele Situationen sind total absurd, aber trotzdem kommen immer wieder Momente vor, die man selber kennt und auch aktuelle Themen, z.B. Elektromobilität und andere Themen werden immer wieder verarbeitet in den verschiedenen Folgen aber eben auf eine sehr lustige Art und Weise."
Zum Glück ist Halbschwester Barbie an Pauls Seite, die zielstrebige Kapitalistin und Top-Managerin mit mehr Eiern in der Hose als alle Männer in ihrer Familie zusammen. "Ich hab schon alle Arten von Triebbefriedigung und Eskapismus tausendfach durch", so Barbie in "Friedefeld". Sie geht über Leichen, wenn es sie persönlich voranbringt. In erster Linie lebt sie für ihren Marketing-Job bei Giesel, dem Automobilkonzern, den sie skrupellos ins neue Elektromobilitäts-Jahrzehnt bringen will.
Bayern 3-Moderatorin leiht "Barbie" ihre markante Stimme
Synchronisiert wird Barbie von Bayern 3-Moderatorin Jacqueline Belle, die ihre Figur als "die egoistischste, hinterhältigste, schlimmste Person, die man sich so vorstellen kann" beschreibt. "Sie ist zwar auch saulustig, hat einen ganz trockenen Humor, aber man will sie einfach nicht als Freundin haben, auch nicht als Chefin oder als Tochter. Und weil sie wirklich das komplette Gegenteil von mir ist, konnte ich da einfach mal eine ganz andere Facette von mir zeigen."
Und dann ist da noch Halbbruder Ludwig, ein abgehalfterter Lebenskünstler, der Arbeit scheut wie der Teufel das Weihwasser und sich in der Serie bei Paul in der Wohnung einnistet. Für dessen Liebeskummer hat er nur wenig übrig: "Die Welt versinkt in Krieg und Zerstörung, aber zum Glück gibt's ja dich und deine trivialen Wehwehchen." Um an Geld zu kommen, ist ihm jedes Mittel recht, solange es nichts mit rechtschaffender Arbeit zu tun hat. Ein Auszug aus seinen "genialen" Ideen: Sich mit Pneumo-Porno-Streaming die Miete verdienen oder mit einem Trap-Song die Weltenformel lösen.
Familienneurosen gepaart mit gesellschaftlichen Themen
Durch die gezeichneten Charaktere gelingt es der Serie einerseits eine Identifikationsfläche für die Zuschauenden, andererseits eine karikierende Überzeichnung und dadurch Distanz, die es mit dem satirischen Blick erlaubt, gesellschaftliche Vorurteile aufzudecken – seien sie rassistischer, sexistischer oder homophober Art: ""Friedefeld" widmet sich den tiefgründigen existenziellen Fragen unserer Zeit: Welche Sneaker ziehe ich an? Wo ist der WLAN-Schlüssel? Es geht aber auch um Banalitäten wie Moral, Klimawandel, den Weltuntergang… Wir hoffen einfach, das Publikum kann sich 25 Minuten lang in den Themen und Charakteren wiederfinden, während ihr Essen im Ofen verbrennt.", so die Hoffnung der Serien-Creators Alfonso Maestro und Tillmann Orion Bremer, von dem das Drehbuch stammt.
"Friedefeld" als Blaupause für jeden Ort in Deutschland
115 Menschen aus 16 Städten waren an der Animation der Serie beteiligt. Die kreierte Stadt "Friedefeld" steht symbolisch für einen fiktionalen Ort in Deutschland und entstand bei den Machern brave new work, Little Dream Entertainment, Ali Samadi und Frank Geiger in Koproduktion mit BR und SWR aus dem Bedürfnis heraus, auf die vielfältigen Probleme und Herausforderungen unserer Zeit auf humorvolle Weise aufmerksam zu machen. Die zehn Episoden sind dabei rasant erzählt, werfen einen augenzwinkernden Blick auf gesellschaftliche Themen und Diskussionen und nehmen in ihren ironisch-witzigen Dialogen kein Blatt vor den Mund. Wer nicht aufmerksam schaut oder beim ein oder anderen Thema nicht im Bilde ist, der stolpert sicher über manche Sequenzen, für alle anderen gibt es so viel zu entdecken, dass die jeweils ca. 25-Minuten-Folgen eine willkommene Abwechslung zum sonstigen Streaming-Berieselungs-Programm sind.
"Friedefeld" – ein Simpsons-Abklatsch?
Den Vergleich mit anderen erfolgreichen animierten Sitcoms, wie den "Simpsons" oder "Family Guy" muss die neue ARD-Serie nicht scheuen. In den Figuren, Dialogen und Welten steckt viel Liebe zum Detail und internationale Vorbilder sind offensichtlich. Was die Serie mit ihren fast 231 Minuten reiner Animation einzigartig im deutschsprachigen Raum macht, ist der Kosmos von explizit deutschen und europäisch relevanten Themen, was das Identifikations-Potential nochmal verstärkt.
ARD Mediathek:
Die erste deutsche Animated Sitcom "Friedefeld" ist ab Freitag, 22. März 2024, in der ARD Mediathek abrufbar.