Der Regisseur steht an der Kamera.
Bildrechte: picture-alliance / Mary Evans Picture Library

"Days of Heaven" [US 1978], eine Aufnahme aus dem Jahr 1978 (Mary Evans Picture Library)

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Phantom und Genie: Terrence Malick wird 80

Er meidet Premieren und den Roten Teppich, gibt keine Interviews, keine Pressekonferenzen. Über sein Privatleben ist kaum etwas bekannt. Dafür ranken sich Legenden um das Phantom und Genie Terrence Malick. Ist er der einzige Autorenfilmer Hollywoods?

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Ein Huhn springt von der Türschwelle des Stalls ins Freie, Dreschschlegel knallen nieder auf das gemähte Korn, ein Motorrad saust über einen Feldweg, ein Gewitter zieht auf. Bilder aus Terrence Malicks letztem Spielfilm "Ein verborgenes Leben" von 2019 – das Drama über den österreichischen Bauern Franz Jägerstätter, der nicht für die Nationalsozialisten kämpfen will und dafür 1943 hingerichtet wird.

Die Anweisungen von Terrence Malick für sein Team rund um den deutschen Kameramann Jörg Widmer lauteten während der Dreharbeiten so: "Morgens in Richtung Osten filmen, nachmittags in Richtung Westen. Niemals zum Norden hin. Die Sonne ist unser Oberbeleuchter."

Die grandiosen Bilder entstanden also ohne zusätzliche Leuchtmittel, gedreht wurde nur zu den Tageszeiten, an denen genug Helligkeit vorhanden war. Allenfalls mit Reflektoren wurde das natürliche Licht gelenkt und verstärkt.

Schauspieler lieben ihn

Manche bezeichnen ihn als verrückt, als Spinner, als Kauz. Die meisten bewundern ihn für seine Konsequenz, für die Freiheiten, die er sich nimmt, für die Intensität, mit der er Filme macht.

Vermutlich gibt es keinen Schauspieler und keine Schauspielerin weltweit, die nicht darauf hofft, dass Terrence Malick anruft und fragt, ob man nicht mit ihm drehen wolle. Das liegt nicht nur am großen Namen des wunderlichen Einzelgängers unter den amerikanischen Filmemachern, des einzigen wahren Autorenfilmers Hollywoods, sondern auch an seiner unkonventionellen Arbeitsweise. Schauspieler lieben das.

In "Knight of Cups – Ritter der Kelche" über die Hybris des Filmbusiness waren es Cate Blanchett, Christian Bale und Natalie Portman, die seinem Ruf folgten.

Portman drehte ihren ersten Film nach zwei Jahren Babypause und empfand Malicks Arbeitsweise als große Inspiration, bevor sie selbst Regie führen wollte. Bale meinte, der Regisseur würde einen einfach machen lassen, man bekomme lediglich eine Charakterbeschreibung, ansonsten wisse man nicht wirklich, worum es ginge. Die jeweils zu drehende Szene werde kurz skizziert, und dann immer so weiter.

Sein Genre: Epen der Transzendenz

Terrence Malick dreht keine Ausstattungsfilme, keine Komödien oder Thriller, keine Genrefilme, sondern immer betörende, bisweilen auch irritierende Epen der Transzendenz, der Grenzen zwischen Vernunft, Emotion und Natur.

20 Jahre lang drehte er gar nicht, galt als verschollen, bevor er wundersam wieder auftauchte – 1999 mit dem Anti-Kriegsfilm "Der schmale Grat", in dem Stars wie Sean Penn, Nick Nolte, Woody Harrelson und George Clooney mitwirkten. Auch sie wollten unbedingt mit Malick drehen.

Assoziativ montiert er seine Filme. Erzählt mit seinen Bildsequenzen weniger eine Geschichte, als dass er Stimmungen und Gefühle hervorruft. Die Bilder atmen. Manchmal nahe am Kitsch oder voller Pathos. Aber häufiger fangen sie das Alltägliche mit feinem Gespür ein.

Der nächste Film: ein Bibeldrama

Heute wird der Regisseur, der mit seiner dritten Ehefrau in Texas lebt und ehedem als Hilfsarbeiter auf einer Farm arbeitete, bevor er an den Eliteuniversitäten Harvard und Oxford Philosophie studierte, 80 Jahre alt.

Ein neues Werk gibt es auch. Bereits abgedreht. Es ist sein erst zehnter Spielfilm, das Bibeldrama "The Way of the Wind". Seit rund drei Jahren ist es fertig und er damit im Schnitt. Er sei "sehr glücklich" mit dem Material, erklärte kürzlich der Produzent. Malick ist es zuzutrauen, dass er den Film fertigstellt, aber nie ins Kino bringt. Mal sehen …

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