Bei der Besichtigung des Atom-U-Boots K-564 "Archangelsk"
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Putin in Murmansk

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"Schwere Zeiten": Putin hält Trumps Grönland-Anspruch für ernst

"Schwere Zeiten": Putin hält Trumps Grönland-Anspruch für ernst

Bei einem Auftritt im arktischen Murmansk warnt der russische Präsident vor einer Verschärfung der Lage im hohen Norden: "Es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass es sich bei Trumps Grönland-Anspruch um eine Art abwegiges Gerede handelt."

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Wladimir Putin schwelgt gern in historischen Anekdoten, sein jüngster Besuch im arktischen Murmansk machte da keine Ausnahme. Dort plauderte er mit der Besatzung des Atom-U-Boots "Archangelsk" über den Ukraine-Krieg ("Wir werden sie erledigen"), warnte vor "schweren Zeiten" am Polarkreis und kam dabei auf Donald Trumps Ansprüche auf Grönland zu sprechen: "Wissen Sie, das überrascht vielleicht nur auf den ersten Blick, und es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass es sich dabei um eine Art abwegiges Gerede der neuen amerikanischen Regierung handelt. Nichts dergleichen."

"Der Deal platzte damals"

In den USA gebe es schon seit den 1860er Jahren Überlegungen, Grönland zu annektieren. Tatsächlich hatte es der amerikanische Außenminister William H. Seward 1867 als "eine ernsthafte Überlegung wert" bezeichnet, neben Alaska auch Grönland und Island den USA einzuverleiben. Der Kaufpreis sollte bei 5,5 Millionen US-Dollar in Gold liegen.

Der offenbar bestens eingelesene Putin verwies auch auf einen kolonialistischen Ringtausch, der 1910 im Gespräch gewesen war: der amerikanische Botschafter in Dänemark, Maurice Francis Egan und ein paar seiner Freunde, wollten Grönland gegen zwei heute philippinische Inseln eintauschen.

"Werden angemessen reagieren"

Die wären erst an Dänemark gegangen und im zweiten Schritt an Deutschland weitergereicht worden, wofür Dänemark das von Preußen annektierte Nordschleswig zurückerhalten sollte. "Doch der Deal platzte damals", so der russische Präsident, der von "langjährigen historischen Wurzeln" für Trumps Ambitionen sprach: "Wir beobachten die Entwicklungen aufmerksam und werden angemessen reagieren."

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Putins martialischer Geschichts-Exkurs ließ die russischen Kommentatoren nicht ruhen. Gewiss sei der Präsident des russischen Verfassungsgerichts, Waleri Sorkin, schon auf der Suche nach historischen Landkarten, die Russlands Ansprüche in der Arktis beglaubigten, war von einem Spötter zu lesen.

"Trump sollte von uns lernen"

Eine Wiederholung des satirischen "Whisky-Kriegs" zwischen Dänemark und Kanada um die winzige und unbewohnte grönländische "Hans-Insel" werde es hoffentlich nicht geben, hoffte ein weiterer Leser inständig: "Sie werden schon nicht gleich schießen."

Jemand höhnte: "Ich denke, Dänemark sollte ausreichend Filzstifte bekommen, um alle möglichen Grenzverläufe zu zeichnen, [der russische Außenminister] Lawrow kann es ihnen beibringen." Mit Blick auf die Einverleibung ostukrainischer Gebiete durch Putin hieß es zu Grönland: "Trump sollte von uns lernen. Halten Sie dort einfach eine Volksabstimmung ab, das ist alles."

"Bewohner des Nordens sind resistent"

Polit-Blogger Anatoli Nesmijan spekulierte, Trump könne die Unterstützung Europas von der Abtretung Grönlands abhängig machen, falls es zu einem Krieg mit Russland komme. Womöglich würde die Insel dann zwar kein US-Bundesstaat, aber als "assoziiertes Mitglied" oder Vasallenstaat der amerikanischen Einflusssphäre zugeschlagen: "Jetzt muss Trump nur noch irgendwo einen lieben, aber lautstarken Köter finden, den er auf die Europäer hetzen kann."

Politologe Dmitri Michalitschenko argumentierte philosophisch. In der Arktis seien die Menschen weitsichtig: "Trump könnte versuchen, Grönland und seine Bevölkerung zu kaufen und ihnen sehr große wirtschaftliche Vorteile in Aussicht stellen, aber die Nordländer werden damit nicht einverstanden sein. Mäßigung, Bescheidenheit und die Ideale der Gleichheit unter schwierigen klimatischen Bedingungen machen die Bewohner des Nordens resistent gegenüber kurzfristigen Vorteilen und einem luxuriösen Lebensstil in der postmodernen Ära."

"Wir werden Trump keine Ratschläge geben"

Der russische Historiker Pawel Gudew hatte schon Ende Januar in einem Interview mit der russischen Fachzeitschrift "Global Affairs" listig behauptet, theoretisch könnten die USA auch Ansprüche auf das norwegische Spitzbergen anmelden: "Wir werden Trump keine guten Ratschläge geben, aber es könnten natürlich noch weitere Geschichten auftauchen."

Politologe Andrei Nikulin bezeichnete russische Träume von einer Dominanz der Arktis, insbesondere durch den Ausbau der polaren Schifffahrtsroute ("Nordostpassage") als größenwahnsinnig. Dafür müsse massiv in die Infrastruktur investiert werden, und solche Maßnahmen seien in Russland traditionell sehr korruptionsanfällig: "Sind wir absolut sicher, dass wir Dutzende riesiger Bauprojekte unter schwierigsten arktischen Bedingungen umsetzen können? Versuchen Sie einfach, ehrlich zu antworten und dabei die traurige außenpolitische und wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen."

Polit-Blogger Konstantin Kalaschew scherzte, Trump brauche Kanada wegen des Ahorn-Sirups, die Antarktis wegen der Eiswürfel, Lappland wegen des Weihnachtsmanns, Grönland wegen der Sicherheit und den Mars "einfach so".

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