Gerade hat das Jahr 2024 angefangen: eine Zählweise, die sich nach der Geburt Jesu Christi richtet. Allerdings ist es eher ein Zufall, dass wir den Jahreswechsel heute vom 31. Dezember auf den 1. Januar feiern. Denn die frühen Christen feierten anfangs entweder den 6. Januar oder den 25. Dezember, das Fest der Geburt Christi, als Jahresbeginn.
Der Jahreswechsel, wie wir ihn heute kennen, geht auf den Kalender im Römischen Reich zurück, erklärt der Kulturwissenschaftler Professor Stefan Wimmer, Privatdozent an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Gespräch mit dem BR: "Der römische Kalender hatte ursprünglich nur 10 Monate. Er begann mit dem Frühlingsanfang, mit dem März", so Wimmer. "Die zwei finstersten Monate im Januar und Februar hat man weggelassen, das waren kalenderlose Monate. Als man sich im Laufe der Zeit dazu entschlossen hat, auch diese Zeit mitzuerfassen und zwei Monate danach zu benennen, hat man den Jahresanfang um zwei Monate nach vorne versetzt, also an den Anfang des Januars." Das Christentum übernahm den römischen Kalender dann später.
Jahresberechnung seit der Erschaffung der Welt
Auch wenn die Jahre nach der Geburt Jesu Christi gezählt werden, ist der Jahreswechsel in unseren Breitengraden kein christliches Fest. Und das, obwohl der Silvestertag sogar nach einem Papst benannt ist – nach Papst Silvester, der am 31. Dezember 335 gestorben ist. Viele Religionen haben aber ihren eigenen Kalender. Geht man zum Beispiel nach der jüdischen Zeitrechnung, befinden wir uns in einem ganz anderen Jahr. Denn im Judentum hat man versucht, den Tag der Erschaffung der Welt auf Grundlage der hebräischen Bibel zu berechnen.
Denn dort finden sich viele Angaben, die Rückschlüsse auf Alter, Lebenszeit und Abstammung der biblischen Personen geben. "Wobei das natürlich heilsgeschichtliche Informationen sind und keine historischen Angaben", betont Wimmer. "Aber früher hat man das so verstanden und man hat sich im Judentum früh auf einen Schöpfungstag festgelegt." Laut jüdischer Zeitrechnung befinden wir uns aktuell im Jahr 5784 seit der Schöpfung.
Das jüdische Jahr beginnt im Herbst
Das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana wird immer im Herbst gefeiert und fällt in den September oder in die erste Hälfte des Oktobers. In diesem Jahr beginnt Rosch ha-Schana am Vorabend des 4. Oktobers. Dass es nach dem gregorianischen Kalender kein genaues Datum für das Fest gibt, liegt daran, dass der Termin nach dem Mond berechnet wird.
Viele Bräuche zum jüdischen Neujahr dienen der Selbstreflexion. Zum Beispiel wird das Schofar-Horn geblasen, das schon in der Bibel beschrieben wird. Auch kulinarisch wünscht man sich ein frohes neues Jahr: reiche häusliche Mahlzeiten mit vielen süßen Speisen gehören ebenso zum Fest. Zum Beispiel Apfelstücke, die in Honig getaucht werden. Sie stehen für den Wunsch nach einem süßen neuen Jahr. Die Tage nach dem Neujahrsfest dienen der Buße und der Besinnung und münden schließlich in den Versöhnungstag Jom Kippur zehn Tage später.
Keine großen Feierlichkeiten im Islam
Auch der Islam kennt ein eigenes Neujahrsfest, das sich ebenfalls nach dem Mond berechnet. 2024 findet es am 8. Juli statt. Anders als im Judentum wandert das Fest aber immer ein paar Tage nach vorne, weil es im Islam keine Schalttage oder Schaltmonate gibt. Dadurch sind die Jahre kürzer als die im gregorianischen Kalender.
Gezählt werden die Jahre nach einem prägenden Ereignis der muslimischen Urgemeinde, erklärt Professor Wimmer: "Man zählt die Jahre nach der Flucht des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina, auf Arabisch 'Hidschra'. So ein Fluchtereignis ist etwas sehr prägendes, deswegen hat man das Jahr, in dem diese Flucht stattgefunden hat, mit dem Beginn der Zeitrechnung verknüpft." Das Fest an sich gehört im Islam aber nicht zu den wichtigsten Festen und wird auch nicht groß gefeiert.
Das chinesische Neujahrsfest dauert 15 Tage
Ganz im Gegensatz zum Beispiel zum chinesischen Neujahrsfest Chunjie, das als wichtigster Feiertag in dieser Weltregion gilt und mit Feuerwerk, Drachen- und Löwentänzen gefeiert wird. Der Termin fällt immer auf einen Neumond zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar; in diesem Jahr startet am 10. Februar das Jahr des Drachen.
In der Volksrepublik China umfasst das Neujahrsfest drei gesetzliche Feiertage, traditionell sind es jedoch fünfzehn und in der Regel werden sogar fünf bis acht Tage freigenommen. Der Abschluss wird am 15. Tag des neuen Jahres mit dem Laternenfest begangen.
Viele weitere Neujahrstermine und -bräuche gibt es überall auf der Welt. Und auch, wenn die einzelnen Feste sehr unterschiedlich gefeiert werden, verbindet sie wohl alle eines: Der Wunsch nach einem guten neuen Jahr.
Mit Informationen der KNA
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