Drama im Festspielhaus ist man gewohnt, schließlich geht's bei Richard Wagner immer um unerfüllte Liebe. In diesem Jahr jedoch schlüpft Kulturstaatsministerin Claudia Roth von den Grünen in die Rolle der Dramaqueen, noch bevor die Fanfare vom Balkon des Hauses tönt.
Claudia Roth fordert Veränderung der Bayreuther Festspiele
Die Bayreuther Festspiele sollen bunter werden, divers und jung, fordert Claudia Roth. Aus Bayern kontert Kunstminister Markus Blume: "Wagner und Wokeness, das passt einfach nicht zusammen." Und Claudia Roth? Die will zukünftig gar nicht nur Wagner.
Großartige Idee, meint Wagnersänger Günther Groissböck und schickt der Ministerin einen innovativen Vorschlag: "Ich hab mich da nicht beherrschen können, hab spontan Social-Media-mäßig gesagt, Rammstein unplugged im Festspielhaus, im Ernst, das könnte was hergeben." Soweit also das politische Vorspiel zu den diesjährigen Bayreuther Festspielen in Kurzform.
"Tristan und Isolde": Ein Liebesdrama ohne Happy End
Musikalisch wird mit Richard Wagners "Tristan und Isolde" eröffnet. Das ist – typisch Wagner – ein Liebesdrama ohne Happy End, dafür mit viel Text. Handgemacht von Wagner und eine Mega-Herausforderung für Camilla Nylund als Isolde: "Ich habe gedacht, ich lerne diesen Text nie. Ich hoffe, dass ich jetzt hier in Bayreuth ziemlich nah an dem dran sein werde, was perfekt ist. Aber ich werde den Text natürlich noch weiter pauken."
"Tristan und Isolde" ist die Oper mit dem längsten Part, der je für einen Tenor geschrieben wurde: 40 Minuten singen, leiden, aufbäumen, niedersinken. Für Andreas Schager als Tristan sowas wie eine Meditation: "In diesem Marathon das Hirn ausschalten und auf der Bühne die Gefühle walten lassen, dann ist man auf dem richtigen Weg."
Thor Arnarsson gibt sein Debüt in Bayreuth
Regie führt zum ersten Mal in Bayreuth der Isländer Thor Arnarsson. Als Katharina Wagner bei ihm anfragte, hat er gerade Nordlichter angeschaut. Er erinnert sich daran, wie der Anruf aus Bayreuth kam: "Ich habe eine kleine Hütte auf dem Hochland neben dem Vulkan Häkla. Es war eiskalt, da kam der Anruf. Und ich hab gesagt, ich möchte es mir einmal durchhören: "Tristan und Isolde". Und dann hab ich es angemacht und ich habe mich wiedergefunden."
Im zwölf Meter tiefen Orchestergraben, unsichtbar fürs Publikum, dirigiert Semyon Bychkov die Premiere von "Tristan und Isolde". Er ist sich 100-prozentig sicher, dass sich der vereinnahmenden Wirkung dieser Musik kein Mensch entziehen kann: "Diese Art von Musik nimmt dich einfach mit – ob du willst oder nicht."
Die Durchhalterezepte der Sänger
Dreißig Vorstellungen wird es diesen Sommer im Festspielhaus geben. Bei nicht weniger als 19 und in drei verschiedenen Rollen ist der Bariton Olafur Sigurdarson dabei: "Der Alberich in 'Rheingold' ist eine große Partie. Kurwenal kostet viel Emotionen und stimmliche Kontrolle. Von Anfang Juni bis Ende August geht es nur um die Bayreuther Festspiele bei mir. Und man hält einfach durch." Viel Schlaf ist Olafur Sigurdarsons Rezept dafür.
Günther Groissböck, er singt König Marke im Tristan, braucht zur Erbauung eine Ochsentour auf dem Fahrrad: "Wo man natürlich unbedingt hin muss, das ist der Ochsenkopf. Ich lache immer über den Namen des Berges, weil das für mich auch immer 'Rosenkavalier' beinhaltet. Und das ist einfach ein sehr schöner Platz, der auch eine schöne Energie hat."
Blume: "Die Stühle sind auch nicht unbedingt die bequemsten"
Auf dem Hügel herrscht bei aller Tristesse, die in "Tristan und Isolde" steckt, eine insgesamt gute Stimmung. Und wenn Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) erst mal die Hürde mit dem Dresscode gemeistert hat und über den roten Teppich flaniert ist, können die Spiele 2024 beginnen!
"Man nimmt schon einige Entbehrungen in Bayreuth auf sich", sagt er. "Die Herren müssen sich in nicht mehr so gut sitzende Smokings zwängen und die Stühle sind auch nicht unbedingt die bequemsten. Man weiß, worauf man sich in Bayreuth einlässt. Aber das Schöne ist, du gehst nach den Stunden raus und sagst, das war mal wieder ein sensationeller Musikgenuss, den ich so nur in Bayreuth finde."
Im Audio: Bayerns Kunstminister Markus Blume über die Bayreuther Festspiele
Bayreuther Festspiele Live auf BR-Klassik
Die Eröffnungspremiere "Tristan und Isolde" am 25. Juli 2024 überträgt BR-KLASSIK ab 16 Uhr im Videolivestream und live im Radio, und das bereits ab 15.05 Uhr mit Gesprächen und Reportagen vom Grünen Hügel. Alle weiteren Übertragungstermine aus Bayreuth, sowie Interviews und Kritiken finden Sie in unserem Bayreuth-Dossier.
Im Video: Der Tristan-Krapfen, eine Spezialität für die Festspiele
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