Als David Öllerer ein Kind war, musste sein Vater in den Häfen, wie man in Wien zu Haftanstalten sagt. Als junger Mann verdiente er seinen Lebensunterhalt eine Zeitlang als Friedhofsgärtner. Irgendwann aber nahm seine Karriere als Musiker Fahrt auf. Geblieben von der Arbeit am Friedhof ist ein Faible fürs Morbide. Bekannt wurde David Öllerer dann als Liedermacher Voodoo Jürgens mit dem Song "Heute grob ma Tote aus". Angelehnt an die Biografie des Wiener Musikers hat der österreichische Regisseur Adrian Goiginger mit "Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" einen Spielfilm über das Lebensgefühl des schüchternen Künstlers gedreht. Jürgens sagt im BR-Interview: "Der Adrian ist 2017 nach meiner ersten Platte auf mich zugekommen und meinte, aus meinem Leben könnte man einen schönen Film machen. Da wurde ich so neugierig, dass ich mich drauf eingelassen habe."
Melancholische Songs im Halbdunkel von Wiener Beisln
Eine Liebeserklärung ist dieser Film – an leicht gescheiterte Existenzen, an jene Wiener Musikszene, die zwischen Schwermut und Trübsinn vom Leben erzählt, an melancholische Lebenskünstler, die der gentrifizierten Gegenwart etwas entgegensetzen, sowie an das Beisl – jene Form der Wiener Vorstadtkneipe, in der die Nachbarschaft noch zusammenkommt, ob alt oder jung, arm oder finanziell sorglos, lebensbejahend oder am Leben verzweifelnd.
Rickerl: verkrachte Existenz & Lebenskünstler
Im Mittelpunkt des Films: Erich Rickerl Bohacek, ein Musiker und Liedermacher, dem die Kneipen im Wiener Arbeiterviertel das abendliche Wohnzimmer und zugleich Bühne sind. Dort singt er sich im dichten Zigarettenrauch den Lebensfrust vom Herzen: "Die Atmosphäre dort ist so herzlich wie rau", sagt Voodoo Jürgens, "es ist ein Ort der Gestrandeten, der Leute, denen das Leben einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Wir leben in einer extremen Erfolgsgesellschaft, aber es gibt eben auch Leute, die es an den Rand gespült hat. Und die finden sich halt in so Beisln."
Hin- und hergerissen zwischen Karriere und dem Leben im vertrauten Umfeld
Rickerl ist unsicher, ob er endlich seine erste Platte aufnehmen oder doch besser ein Dasein im Stillen und Verborgenen bevorzugen soll. So schlägt er sich mit skurrilen Gelegenheitsjobs durch – als Totengräber, Sexshop-Angestellter und Hochzeitssänger. Die Ex-Freundin Viki lebt inzwischen mit einem Gstopften, wie der Rickerl sagt, also einem Piefke zusammen, einem Deutschen im Eigenheim mit Rollrasen und einem Mähroboter, der seinem Besitzer auch ein Bier vorbeibringen kann. Und dann ist da noch der gemeinsame Sohn Dominik, ein smarter Sechsjähriger, den der Rickerl über alles liebt. Mit sympathisch verschrobenem Humor inszeniert Adrian Goiginger die kleinen Vater-Sohn-Fluchten, hat ein Team großartiger Schauspieler um sich versammelt, bis in die Nebenrollen, und bringt diese Looser-Geschichte mit viel Gefühl, aber ohne Sentimentalitäten, sowie mit dokumentarisch-realistischem Touch zu einem guten Ende. Das überzeugt durch einen schönen Rhythmus und viele kleine Szenen, die das Herz erwärmen.